Wien - Im ehemaligen Forschungszentrum Seibersdorf ist - wieder einmal - alles neu, bis hin zum Namen: Mit Stichtag 15. Juni wird aus dem aktuellen Namen "Austrian Research Centers" (ARC) das "Austrian Institute of Technology" (AIT). Obwohl sich die unmittelbare Vergangenheit in Zahlen gegossen gar nicht so schlecht ausnimmt, 2008 erwirtschaftete das Zentrum erstmals wieder ein positives Jahresergebnis, möchte man nun nur noch in die Zukunft blicken, sagte der Präsident des ARC-Aufsichtsrates, Hannes Androsch, bei einer Bilanz-Pressekonferenz am Freitag in Wien.
Androsch hatte den ARC im Vorjahr nach heftigen Turbulenzen und Abrutschen in die roten Zahlen die Rute ins Fenster gestellt und von der "letzten Chance" für das Forschungszentrum gesprochen. Nun zeigt sich Androsch mit dem eingeleiteten Umgestaltungsprozess jedenfalls vorläufig zufrieden. Die personellen Umstellungen an der Spitze des künftigen AIT sind abgeschlossen, die Struktur ist ebenfalls neu, die Forschungsagenden und sonstigen Aufgaben wurden gestrafft.
Positives Geschäftsjahr 2008
Das positive Jahresergebnis 2008 mit einem Plus von rund 4,5 Milliarden Euro sei unter anderem durch Sanierungs- und Einsparungsmaßnahmen sowie durch Ausgliederungen erreicht worden, sagte der kaufmännische Geschäftsführer der ARC, Anton Plimon. Besonders stolz ist man auf den Auftragsstand, dieser liege 2008 mit 87,94 Millionen Euro deutlich über dem Wert von 2007 (74,29 Millionen Euro).
Die Ausgliederungen und Spin-off-Gründungen haben 85 Mitarbeiter betroffen. So werden ursprünglich an den ARC erarbeitete Technologien jetzt teilweise von eigenständigen, kleinen Unternehmen weiter vermarktet und verbessert. Ein Beispiel dafür ist etwa die Linzer Firma "Life Tool", welche speziell für Behinderte konzipierte Computersteuerungen weiterentwickelt und vermarktet.
141 Mitarbeiter des künftigen AIT werden in Zukunft in der hundertprozentigen Tochter "Seibersdorf Labor" tätig sein. Dieser Teil des Unternehmens soll gewinnorientiert geführt werden und Labor- und Servicedienstleistungen Absatzmarkt anbieten. Eine weitere Tochter ist "Nuclear Engineering Seibersdorf", hier sollen von der Republik Österreich beauftragte Aufgaben im Zusammenhang mit Behandlung und Zwischenlagerung von radioaktiven Stoffen erledigt werden.
Fokus
Die eigentliche Forschung der größten außeruniversitären Forschungseinrichtung des Landes wird weiter gestrafft und fokussiert. In fünf Departments beschäftigen sich die Forscher mit den Themen: Health & Environment, Safety & Security, Energy, Mobility, sowie Foresight & Policy Development. Der zentrale Fokus liegt in der Entwicklung von Technologien, Methoden und Verfahren "für zukunftsgerichtete Innovationen mit einem Umsetzungshorizont von fünf Jahren und mehr".
Androsch kritisiert Krisenpolitik
Die herrschende "pandemische ökonomische Krise" ist laut Androsch nur mit mehr Qualifikation - sprich: Bildung und tertiärer Ausbildung - zu lösen. 1,6 Milliarden Euro für den sozialen Bereich bereitzustellen, auf der anderen Seite aber Wissenschaftsminister Johannes Hahn (VP) "auf dem Trockenen" zu lassen, werde jedenfalls nicht ausreichen, so Androsch.
Der Industrielle ist überzeugt, dass ein drittes Konjunkturpaket nötig sein wird, um die Krise zu bewältigen. Dabei sei zu hoffen, dass auch Bildung und Forschung zum Zug kommen werden. Mit Reformblockaden wie im Schulbereich, "Frühpensionierungen und Verkrustungen" sowie Finanzspritzen für Krankenkassen ohne Strukturänderungen werde man jedenfalls nicht weit kommen. In den kommenden Generationen würden wir für dieses "kurzsichtige, egoistische Verhalten auf der Anklagebank" sitzen.
Androsch hofft, dass auch das künftige AIT mehr Zuwendungen vom Bund erhält. Das Zentrum erhält derzeit seine Einkünfte zu 40 Prozent als Basisfinanzierung durch die öffentliche Hand. 30 Prozent werden durch sogenannte Gemeinschaftsforschung - etwa Einwerbung nationaler oder EU-weiter Förderungen - lukriert. Weitere 30 Prozent sind direkte Auftragsforschung für die Industrie. 2008 stand der Betriebsleistung von rund 119 Mio. Euro ein betrieblicher Aufwand von knapp 116 Mio. Euro gegenüber. (APA)