Wien - Bis zuletzt rangen SPÖ und ÖVPFreitagnachmittag um einen gemeinsamen Entschließungsantrag, um den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ)für dessen Attacken gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, zumindest symbolisch zu verurteilen.

Eine Abwahl Grafs mithilfe einer Gesetzesänderung hatten die Schwarzen zuvor ausgeschlossen, denn: "Anlassgesetzgebung" sei demokratiepolitisch "schädlich" .

Als Kompromiss einigten sich die beiden Großparteien dann darauf, "die Bundesregierung zu ersuchen, Maßnahmen weiterzuführen" , die geeignet seien, eine "nicht wiedergutzumachende Beeinträchtigung des Ansehens Österreichs im Ausland durch solche unverantwortlichen Äußerungen hintanzuhalten" . Insbesondere Behörden und Ministerien seien in Prävention, Aufklärung und Strafverfolgung dazu angehalten, dem Bereich politischen Extremismus großes Augenmerk zuzuwenden.

Einem sehr ähnlich formulierten Antrag der Grünen wollte die ÖVP partout nicht zustimmen, weil deren Sicherheitssprecher Peter Pilz Vizekanzler Josef Pröll im Parlament als "Austrofaschisten" dargestellt hat.

Das rot-schwarze Unternehmen ist allerdings bloß ein symbolischer Akt, da Graf auch damit zu keinem Abgang bewegt werden kann. "Das sind politische Plattidüden" , bestätigt der Verfasszungsrechtler Heinz Mayer dem Standard. "Der ganze Akt ist rechtlich völlig bedeutungslos. Man versucht halt offenbar, eine politische Kultur zu definieren." Hintergrund: Für eine Abwahl Grafs bräuchte es zuerst eine Zweidrittelmehrheit für eine entsprechende Gesetzesänderung, damit ein Parlamentspräsident überhaupt abgewählt werden kann. Erst dann könnte der Nationalrat den Freiheitlichen, der auch Mitglied bei der als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft Olympia ist, abberufen.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kann sich ein solches Vorgehen durchaus vorstellen. Am Rande eines Besuches beim Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes am Freitag bezeichnete er Graf als "untragbar" - und er empfahl dem Parlament die gesetzliche Möglichkeit zu schaffen, dass ein Nationalratspräsident eben abgewählt werden könne.

Dass Graf im Herbst auch mit Stimmen der SPÖ ins Amt gewählt wurde, rechtfertigte Faymann so: Damals seien eben noch "keine besonderen Vorkommnisse" im Zusammenhang mit seiner Person bekannt gewesen, aber: "Im Nachhinein ist man immer klüger."

Dass sich die ÖVP bisher nicht dazu durchringen konnte, Graf mithilfe der Stimmen von SPÖ und Grünen zum Rücktritt zu bewegen kommentierte der Kanzler so: "Das überrascht mich nicht." Die Volkspartei würde daher "die höhere Verantwortung nicht wahrnehmen" und habe eben eine andere Grundhaltung als die SPÖ. (Michael Völker, Nina Weißensteiner/ DER STANDARD-Printausgabe, 30./31. 5./1.6. 2009)