Chicago/Wien - US-Forschern ist möglicherweise ein weiterer Durchbruch bei der Stammzellenforschung gelungen. Die Forscher um den Stammzellenexperten Robert Lanza stellten diese Woche eine neue Methode vor, von der sie sich eine Umwandlung normaler Hautzellen in sichere Stammzellen erhoffen, ohne dass dies mit den bisher befürchteten Gesundheitsrisiken verbunden wäre. Die Methode könnte Mitte kommenden Jahres bereits in die klinische Erprobungsphase gehen, sagte Lanza.
Der Forscher sprach bei der Vorstellung von der "ersten wirklich sicheren Methode zur Herstellung patientenspezifischer Stammzellen". Die neue Therapie würde es erlauben, "mögliche Stammzellentherapien auf den gesamten menschlichen Körper auszudehnen", sagte Lanza. Lanza ist Chefforscher der US-Firma Stem Cell and Regenerative Medicine International. Die Studie wurde im Online-Journal "Cell Stem Cell" veröffentlicht.
Gefahr bisheriger Methoden
Die bisher bekannten Methoden zur Umwandlung menschlicher Zellen in Stammzellen beruhen auf dem Einsatz von Viren oder Chemikalien, um die Zellen zu manipulieren. Daraus ergibt sich aber die Gefahr von Gesundheitsrisiken, zum Beispiel unkontrollierte Zellwucherungen.
Neue Methode mit Peptideinsatz
Die von Lanza vorgestellte Methode beruht auf dem Einsatz eines Peptids, das die Zelle ohne Gefahren zur Mutation bringen soll. Die Methode sei bisher aber noch viel aufwändiger als die Vorgängerverfahren, räumte Lanza ein.
Eine Methode zur Herstellung von Stammzellen aus menschlichen Hautzellen würde zudem ethische Probleme lösen, die sich bei der Verwendung von embryonalen Stammzellen wegen der Zerstörung des Embryos stellen.
Stammzell-Therapien
Vor falschen Hoffnungen im Zusammenhang mit Stammzell-Therapien warnte der Stammzellen-Forscher Jürgen Knoblich vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) beim einem Vortrag der Reihe "AM PULS" des Wissenschaftsfonds FWF am Donnerstag Abend in Wien. Mittlerweile würden etwa in China oder Russland derartige Therapien angeboten, wissenschaftlich fundierte Hinweise auf klinische Erfolge von Stammzell-Therapien gebe es bisher aber nicht.
Nachgewiesenermaßen erfolgreiche Therapien, die aus heutiger Sicht über adulte Stammzellen funktionieren, seien lediglich schon seit langem etablierte Anwendungen wie Knochenmarktransplantationen nach bestimmten Krebs-Formen oder zur Haut-Regeneration. Alle anderen immer wieder kolportierten Erfolge seien aus wissenschaftlicher Sicht zweifelhaft, betonte Knoblich. Da machen auch in Wien durchgeführte Versuche keine Ausnahme, geschädigte Herzmuskeln mittels adulter Stammzellen zu regenerieren.
Einsatz embryonaler Stammzellen
Derzeit klinisch nicht anwendbar sind nach Aussagen Knoblichs Therapien mit sogenannten embryonalen Stammzellen (ES). Diese werden wegen der Gewinnung aus Embryonen auch aus ethischer Sicht heftig angeprangert. Derzeit gebe es eine einzige klinische Studie, in der versucht wird, Nervengewebe von querschnittgelähmten Menschen mittels embryonaler Stammzellen zu regenerieren. Allerdings handle es sich dabei um eine sogenannte Phase 1-Studie, in der nicht der Erfolg, sondern lediglich mögliche Schäden der Behandlung ausgelotet werden.
Ein Hauptproblem bei der therapeutischen Anwendung von ES sind laut Knoblich Tumorbildungen. Mittlerweile habe die Wissenschaft allerdings auch Fortschritte gemacht, die möglicherweise direkte Anwendungen von ES zur Therapie von Krankheiten unnötig machen. Dazu zählen etwa Erfolge, Körperzellen in Stammzellen (iPS) umzuwandeln. Allerdings machen dabei ebenfalls Tumorbildungen Probleme, da die Reprogrammierung über Tumor-erzeugende Viren erfolgt. Neue Methoden ohne solche Viren könnten Abhilfe schaffen.
Ganz neue Techniken zeigen, dass bestimmte Zellen in gewünschte andere Zellen umgewandelt - transferiert - werden können, ohne sie vorher in den Zustand von Stammzellen zurückzuversetzen. Damit könnten die von Stammzellen ausgehenden Gefahren von vornherein vermieden werden. Derlei Erfolge seien zwar vielversprechend aber noch wissenschaftliches Neuland, betonte Knoblich. (APA)