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Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi gerät wegen seines Privatlebens immer mehr in die Kritik.

Foto: REUTERS/Remo Casilli

Rom - Eine Woche vor den Europawahlen gerät der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi wegen seines unklaren Verhältnisses zu einer 18-jährigen Schülerin immer stärker unter Druck. Kein Tag vergeht ohne Enthüllungen über das Privatleben des Ministerpräsidenten. Sein Ehekrach mit seiner Noch-Gattin Veronica Lario, seine Vorliebe für junge Frauen und die rätselhafte Beziehung zur jungen Neapolitanerin Noemi Letizia sind mittlerweile zu einer Staatsaffäre aufgerückt, die europäische Wahlthemen total in den Hintergrund gestellt hat. Italiens prestigereichste Tageszeitungen widmen täglich den Skandalen um Berlusconis Privatleben mehrere Seiten, während die Opposition die Ehrwürdigkeit eines Regierungschefs, der "mit Minderjährigen verkehrt", infrage stellt.

Mutter von 18-Jähriger bestreitet Verhältnis

Am Freitag meldete sich erstmals Anna Palumbo, die Mutter der 18-jährigen Noemi Letizia, zu Wort. Sie bestritt entschieden eine Affäre zwischen Berlusconi und ihrer Tochter. Im Gespräch mit der Turiner Tageszeitung "La Stampa" dementierte sie außerdem Medienspekulationen, sie selbst habe in den vergangenen Jahren eine Beziehung zu Berlusconi gehabt und Noemi sei seine Tochter. "Ich war nie Berlusconis Liebhaberin, sowie es nicht meine Tochter ist. Ich würde nicht in einer 75 Quadratmeter großen Wohnung in einem Vorort Neapels leben, wäre ich Berlusconis Freundin gewesen. Ich halte diese Situation nicht mehr aus. Es ist eine riesige Qual zu sehen, wie die eigene Tochter als Lolita dargestellt wird", sagte Palumbo.

Die 47-Jährige bestätigte, dass ihre Tochter mit einer Schulkollegin zu Silvester in der Luxusvilla Berlusconis auf Sardinien gewesen sei, wie italienische Medien berichtet hatten. "Ich habe sie selber zum Flughafen begleitet. Es gibt nichts zu verbergen. Noemi ist gut behandelt worden. Eingeladen waren nicht nur junge Frauen, wie geschrieben wurde, sondern auch Paare und Pier Silvio Berlusconi, Sohn des Premierministers. Es wurde getanzt, gegessen, gesungen. Ein normales Fest also. Am nächsten Tag war meine Tochter wieder zu Hause. Sie hat keine Geschenke bekommen, keine Gegenstände und kein Geld", versicherte Anna Palumbo.

Berlusconi bei Geburtstagsparty

Noemi Letizia beschwerte sich über den Medienrummel um ihr Leben, seitdem Berlusconi an ihrer Geburtstagsparty zur Volljährigkeit in Casoria bei Neapel teilgenommen hatte, was die Lawine des Skandals ins Rollen gebracht hatte. "Die Journalisten verfolgen mich. Jeder jagt nach mir im eigenen Interesse, um Berlusconi anzugreifen. Die Zeitungen werden als Waffen eingesetzt", klagte die junge Frau laut "La Stampa". Der Skandal löste auch einen Familienstreit aus. Der Ex-Freund Noemis sagte der Zeitung "La Repubblica", Berlusconi habe Letizia und einige andere junge Frauen über Neujahr in seine Villa auf Sardinien eingeladen. Er habe Telefongespräche der beiden mitgehört, in denen sich der Regierungschef nach Letizias Leistungen in der Schule, ihren Eltern und ihren Interessen erkundigt habe.

Letizias Vater kündigte eine Verleumdungsklage gegen Flaminio und die Zeitung an. Der junge Mann wurde jedoch von einer Tante Noemis verteidigt. "Gino ist eine Person, die den Mut hat, die Sachen offen zu sagen, was bisher in meiner Familie niemand tat", sagte Francesca, Schwägerin von Noemis Mutter. Flaminio habe nicht gelogen, die Eltern Noemis hätten bisher viel Unglaubwürdiges über die wahre Natur ihrer Freundschaft zu Berlusconi erzählt, meinte die Tante.

Weitere Attacken

Inzwischen muss Berlusconi weitere Attacken hinnehmen. Das Wochenmagazin "L'Espresso" veröffentlichte am Freitag einen Bericht mit dem vielsagenden Titel "Berlusconis Harem". Daraus geht hervor, dass der damals noch als Oppositionschef amtierende Berlusconi 50 junge Frauen im Alter von 20 und 30 Jahren nach Sardinien eingeladen habe, um in seiner Luxusvilla Neujahr 2007/08 zu feiern. Die Frauen, darunter mehrere Schauspielerinnen und Showgirls, seien mit Berlusconis Privatflugzeug nach Sardinien geflogen worden. Berlusconi habe jeder ein Schmuckstück, ein Collier mit einem Schmetterling, geschenkt. Jede Frau durfte auf Kosten des Medienzaren für 2.000 Euro shoppen. Berlusconis Rechtsanwalt Nicolo Ghedini bestritt den Bericht und kündigte eine Klage gegen das Magazin wegen Verleumdung an.

Rückendeckung erhielt Berlusconi von Frauenministerin Mara Carfagna. Sie war von Berlusconi vor einem Jahr nach einer kurzen Zeit als Parlamentarierin und einer Vergangenheit als Showgirl als jüngste Ministerin in die Regierung gehievt und war deswegen arg attackiert worden. In einem offenen Brief an die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera", erklärte die Ministerin am Freitag, dass Berlusconi für das Wohl des Landes arbeite, der Rest sei seine Privatsache. Carfagna betonte, dass im italienischen Parlament Politiker eingezogen seien, die wegen Terrorismus verurteilt worden seien, Prostitution zugegeben haben und mit Transsexuellen erwischt worden seien. "Niemand hat sich in Italien jemals empört. Der Verdacht ist, dass Berlusconi aus politischen Gründen wegen seines Privatlebens verfolgt wird", sagte die Ministerin. (APA)