Die europäischen Aktienmärkte erhielten auch in der abgelaufenen Börsenwoche starken Rückenwind von der Schwäche an den Anleihemärkten, wobei insbesondere das Segment der Staatsanleihen weiter unter Druck kam. Der Verkaufsdruck bei den Bonds ist aktuell nicht nur auf europäische Titel beschränkt, sondern kann an den wichtigsten globalen Märkten zeitgleich beobachtetet werden.
Ein Teil der durch die Verkaufserlöse von Anleihen realisierten Gelder findet offensichtlich jetzt auch seinen Weg in das Aktiensegment. Das ist insofern erfreulich, weil Investoren nun allmählich erkennen, dass Aktien derzeit die attraktivere Assetklasse sind als Staatsanleihen, deren Abwärtstrend vermutlich noch weiter andauern wird. Dieser Umschichtungsprozess in Richtung Aktien gewinnt nahezu zeitgleich mit dem Erreichen einer positiven Jahresperformance 2009 bei den meisten etablierten Aktienindizes an Dynamik.
Es ist also anzunehmen, dass der Kapitalzufluss im Aktienbereich zumindest noch einige Wochen anhalten wird. Das Erreichen einer zweistelligen, positiven Jahresrendite ist jetzt auch für die breiten europäischen Marktindizes in Sicht. Viele Aktienindizes, insbesondere auch solche aus den Emerging Markets, sind seit Jahresanfang bereits deutlich im Plus (Russland: +71%, Rumänien: +14%, Ukraine: + 45%, Brasilien: + 41% usw.).
Die Nachrichten aus den verschiedenen europäischen Volkswirtschaften sind derzeit nicht nur negativ: Die Arbeitslosenquote ist in Deutschland zuletzt überraschend stark gesunken, allerdings ist das hauptsächlich auf saisonale Effekte zurückzuführen. Die Schweiz, eine stark exportorientierte Nation, konnte ihre Ausfuhren deutlich steigern. Aus Schweden wurde ein deutlicher Zuwachs bei den Einzelhandelsumsätzen gemeldet. Auch in Deutschland ist der private Konsum im April angestiegen. Das sind nur einige Beispiele von positiven Meldungen, die zeigen, dass es trotz der wirtschaftlichen Abschwächung auch Lichtblicke in verschiedenen Bereichen gibt.
Gerade diese Zeichen der Veränderung sind es, auf die man derzeit vermehrt achten sollte. Sonst besteht die Gefahr, dass man als Aktieninvestor allzu pessimistisch denkt und die wahrscheinlich beste Zeit des Jahres an der Börse schlichtweg versäumt. Wir glauben, es macht viel Sinn, die sich jetzt bietenden Chancen auf den Märkten zu nutzen. Solange sich ein breiter Aktienindex wie der europäische DJ Stoxx 600 nicht im Bereich einer höheren, zweistelligen Jahresperformance befindet, bleibt vermutlich noch Zeit, die Aktienpositionen in einem ausgewogenen Stil auszubauen. Es ist ein regelmäßig wiederkehrendes Ritual an den Aktienmärkten, dass einige wichtige institutionelle Marktteilnehmer aufgrund ihrer tendenziell langsamen Entscheidungsfindung erst dann wieder ihre Aktienquote erhöhen, wenn die Märkte schon eine Weile gelaufen sind. Da es sich dabei um meist größere Veranlagungsbeträge aus Versicherungen oder Pensionskassen handelt, sollten die Aktienmärkte von den bevorstehenden Neuzuflüssen profitieren und somit noch weiteres Potenzial haben.
Aktuell gibt es tendenziell weniger Nachrichten von den Unternehmen, weil viele Quartalsergebnisse bereits publiziert wurden. Norsk Hydro ASA, ein wichtiger europäischer Aluminiumproduzent, kündigte an, seine Kapazitäten weiter zurückzuschrauben, weil die Nachfrage nach seinen Produkten, die vor allem in der Automobil- und Bauindustrie benötigt werden, weiter sehr schwach ist. Der deutsche Handelskonzern Arcandor ist zuversichtlich, innerhalb der nächsten zwei Wochen auch Staatsgarantien zu bekommen, was einen Erfolg der laufenden Restrukturierung wahrscheinlicher erscheinen lässt. Die Aktie ist trotzdem als sehr spekulativ einzustufen. Wesentlich interessantere Möglichkeiten bieten sich dem Investor beim holländischen Handelskonzern Ahold, der seine Neuausrichtung schon seit einigen Jahren betreibt und dabei bereits wesentliche Fortschritte erzielt hat.