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Es war mitten im Vietnamkrieg, als Benjamin Britten seinen Owen Wingrave nach einer Erzählung von Henry James schrieb. Zunächst als Fernsehoper zwischen 1968 und 1970 entstanden, wurde das Werk später mit nur mäßigem Erfolg auf die Bühne gehievt. Die Wiener Kammeroper hat nun zur Ehrenrettung der schematischen Geschichte angesetzt, bei der sich der Titelheld von der Zukunftshoffnung einer Soldatenfamilie zum Pazifisten mausert.

Wie oft bei Britten geht es im Grunde aber um mehr: Owen Wingrave, der sich gegen die Erwartungen und Werte der Gesellschaft wehrt und daher enterbt, von seiner Verlobten im Stich gelassen wird und - als typisch James'sche windige Wendung - im Spukzimmer seiner Ahnen auf mysteriöse Weise zu Tode kommt, steht für jene einsamen Individuen, die der große Operndramatiker häufig so berührend ins Zentrum seines Komponierens gestellt hat.

Auch in Wien funktioniert das Werk, soweit es eben funktioniert, vor allem dank des Protagonisten, der vom jungen britischen Bariton Andrew Ashwin mit berückender Intensität inmitten eines stimmig agierenden Ensembles verkörpert wird. Nicola Raab hat die Oper mit wenigen Requisiten wie etwa Zinnsoldaten sparsam und konzentriert inszeniert, das Orchester unter Daniel Hoyem-Cavazza gibt sein Bestes. (daen, DER STANDARD/Printausgabe, 30./31.05. & 01.06.2009)