Utrecht - Aus dem, was man als seinen Freundeskreis definiert,  sind nach sieben Jahren die Hälfte der Personen verschwunden: Zu diesem Schluss kommt der Soziologe Gerald Mollenhorst von der holländischen Universität Utrecht. Er wollte herausfinden, was zur Bildung von Freundschaften führt und wie sich diese im Lauf der Zeit verändern. Dabei widerlegte sich die Ansicht, dass Freunde in erster Linie selbst gewählt werden, da Zufälle der Biografie die Möglichkeiten dieser Entscheidung stark beeinflussen. Zudem zeigte Mollenhorst, dass man die Hälfte des Freundeskreis innerhalb von sieben Jahren aus den Augen verliert.

Mollenhorst befragte 1.000 Erwachsene verschiedenen Alters und kontaktierte sie nach sieben Jahren nochmals, was ihm bei 600 Personen auch glückte. Um den Begriff "Freunde" dingfest zu machen, wollte er jedes Mal wissen, mit wem die Befragten wichtige persönliche Themen besprechen, wen sie bei Notfällen im Haushalt anrufen, wen sie unangekündigt besuchen würden und an welchen Orten sie die Freunde kennen gelernt haben oder diese wieder treffen. "Jeder hat im Durchschnitt 2,4 Personen, mit denen er persönliche Angelegenheiten bespricht", so Mollenhorst. Entgegen aller Erwartungen veränderte sich die Größe dieses näheren Freundeskreises in der Beobachtungszeit nicht und ist somit erstaunlich stabil.

"Die Freiheit der Freundeswahl hat klare Grenzen"

Wohin es einen Menschen im Leben verschlägt, hat große Auswirkungen auf die Entstehung langjähriger Freundschaften. "Jede vierte Freundschaft kommt aus dem Kreis der Familie, dahinter rangieren Arbeit, Vereine, Schule und Nachbarschaft. Die Freiheit der Freundeswahl hat somit klare Grenzen", so der Soziologe. Erklärbar sei dieser Umstand dadurch, dass sich Menschen gerne zusammentun, wenn sie Gemeinsamkeiten teilen. Zudem bestimmen Aktivitäten eines Menschen in entscheidendem Maß die Chancen, andere kennen zu lernen. Die neuen Kontaktmöglichkeiten des Internets stellt Mollenhorst in die Reihe der Lebenskontexte. "Menschen lernen sich auch auf Datingseiten kennen und halten Verbindung über soziale Netzwerke. Doch nach wie vor ist physischer Kontakt für das Entstehen von Freundschaften am wichtigsten."

Auch für den Erhalt von Freundschaften spielt der physische Kontakt eine wichtige Rolle. "Wenn sich Freunde nicht automatisch in gewissen Kontexten wie bei der Ausübung des Hobbys, bei Familienfesten oder in der Arbeit sehen, bröckelt der Kontakt oft und stellt sich über längere Zeit völlig ein. Deshalb sind diese Kontexte nicht nur für die Entstehung, sondern auch für den Erhalt sozialer Beziehungen wichtig", erklärt Mollenhorst. Erschwerend komme hinzu, dass sich Freunde aus verschiedenen Kontexten untereinander meist nicht kennen. Beendet werden Freundschaften daher weniger durch Streit, sondern indem man sich aus den Augen verliert. Nur jeder Dritte ist laut Studie auch noch nach sieben Jahren ein guter Diskussionspartner oder Haushaltshelfer, und sogar die Hälfte der Mitglieder anderer sozialer Netzwerke wird in dieser Zeit durch neue Personen ersetzt. (pte/red)