Das Signal war eindeutig. Wenige Stunden nachdem in Deutschland bekannt gegeben wurde, dass Magna, die russische Sberbank und GAS die Mehrheit an Opel übernehmen, fuhr der russische Premierminister Wladimir Putin anlässlich eines Kirchenbesuches mit seinem Wolga GAS 21 vor.

Diesen Oldtimer fährt er nur zu ganz besonderen Anlässen wie 2005, als der damalige US-Präsident George W. Bush zu Besuch in Moskau war. Der Einstieg der staatlichen Sberbank beim deutschen Autokonzern Opel ist ebenfalls solch ein Anlass. Erstmals gelingt es einem russischen Staatsunternehmen, im Ausland einen bedeutenden Anteil zu übernehmen.

"Diese Übernahme ist ein wichtiger Schritt für die Regierung und deren langjährigen Pläne, in sogenannten strategischen Sektoren internationale Partnerschaften einzugehen" , sagte Chris Weafer, Chef-Stratege der Investmentbank Uralsib. Plan des Kremls sei es, mithilfe dieser internationalen Partnerschaften die Leistungsfähigkeit und die Produkte der russischen Industrie zu verbessern, um so den Zugang zu Auslandsmärkten zu erhalten. "Der Deal erfolgt im Interesse des Landes" , sagte Sberbank-Chef German Gref zum russischen Nachrichtenkanal Westi. Es sei gut für Russland, dass es einen der technologisch höchst entwickelten Autoproduzenten Europas zu einem beispiellos günstigen Preis erhalte. Magna plant, 180.000 Opel in Russland zu produzieren. Sie sollen auf den derzeit krisenbedingt stillstehenden GAS-Fließbändern produziert werden.

Der zweitgrößte Autoproduzent Russlands, der zum Imperium des Oligarchen Oleg Deripaska gehört, fungiert nur als Industriepartner, wird aber keine Opel-Anteile halten. GAS hat momentan selbst genug Probleme und muss Schulden in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro umstrukturieren. Analysten gehen aber davon aus, dass die Anteile der Sberbank nach der Krise auf GAS übergehen werden.

Großen Zweifel gibt es an der kommerziellen Tragfähigkeit des Projektes. Laut Wedomosti müssen Magna und Sberbank jeweils rund 500 bis 700 Millionen Euro in den angeschlagenen deutschen Autokonzern investieren. Dies entspricht laut Natalja Orlowa, Chef-Ökonomin der Alfa Bank, zwar weniger als einem Prozent der allgemeinen Aktiva der Sberbank, aber rund zehn bis 15 Prozent des operativen Gewinns.

"In Hinblick darauf, dass die Autoindustrie derzeit nicht ihre besten Zeiten erlebt, erwarte ich nicht, dass der vorliegende Deal der Sberbank finanziell viel bringen wird" , so Orlowa. Rustam Botaschow, Analyst der UniCredit Securities, zweifelt daran, dass Opel bald Gewinne abwerfen wird.

Magna-Chef Frank Stronach sieht es anders. Er erwartet, dass Opel in vier Jahren wieder Gewinne schreibt, sagte er am Dienstag in Ottawa. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Printausgabe, 3.6.2009)