Wir schreiben das Jahr neun nach "Melk". Am 12. Dezember 2000 einigten sich im niederösterreichischen Stift Melk der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der tschechische Ministerpräsident Milos Zeman und EU-Kommissar Günter Verheugen in Zusammenhang mit dem atomaren Langzeitproblem Temelín auf das Melker Abkommen. Vereinbart wurden in dem völkerrechtlich verbindlichen Vertrag umfassende Sicherheitsnachrüstungen und vor allem eine Informationspflicht.

Insbesondere diese scheint der Prager Regierung so wichtig zu sein, als ob ein böhmischer Knödel vom Teller rollt, wie die aktuelle Debatte um ein - für die Genehmigung eines Temelín-Ausbaus unumgängliches - Atom-Endlager zeigt. Die Standortsuche scheiterte bisher am Widerstand der Bevölkerung. Jetzt geht man den Weg des geringsten Widerstands und fasst ein staatseigenes Militärgelände ins Auge. Einspruchsrecht hat also niemand. Einmal mehr steht damit das Melker Abkommen auf dem Prüfstand: Wenn Österreich von Tschechiens Plänen aus den Medien erfährt, hat dies mit offenem Informationsaustausch wenig zu tun.

Gefordert ist jetzt vor allem die Politik, die bis dato kläglich versagt hat. In Oberösterreich werden im Herbst Landtagswahlen geschlagen, und die Ängste der Bevölkerung sollten der Politik diesmal mehr als ein laues Polemik-Lüfterl wert sein. Wieder nur erboste Protestnoten zu senden wird zu wenig sein. Die werden in Prag offensichtlich bestenfalls als Jausenpapierl für Powidltascherl verwendet. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD - Printausgabe, 3. Juni 2009)