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"Red Bull wollte einen Trainer, der einen technisch guten, offensiven Fußball spielen lässt und lieber mit 5:3 gewinnt als mit 2:0. Deswegen bin ich gekommen und habe alle Vorgaben erfüllt"

Foto: APA/Krug

Salzburg - Am Sonntag hat sich Co Adriaanse als Meistertrainer von Red Bull Salzburg verabschiedet. Im Interview lässt der Niederländer seine Saison in Salzburg noch einmal Revue passieren. Adriaanse zeigte sich "sehr enttäuscht", dass sein Vertrag nicht verlängert wurde, er sieht den Großteil seiner Ziele erreicht und würde nichts anders machen. Andreas Ulmer, Christoph Leitgeb und Marc Janko traut Adriaanse eine internationale Karriere zu.

Welche Bedeutung hat für Sie dieser zweite Meistertitel nach dem mit dem FC Porto?

"International ist das sehr wichtig, weil man dort nur auf die Titel schaut. Aber für mich ist nicht unwesentlich wichtiger, dass ich das Maximum aus meiner Mannschaft heraushole und man meine Handschrift sieht. Deshalb war für mich der zweite Platz mit Willem II Tilburg und die darauffolgende Qualifikation für die Champions-League wie ein Meistertitel. In Holland ist man stolz auf mich, dass ich in vier Jahren Ausland zwei Meistertitel und einen Pokal geholt habe."

Was entgegnen Sie jenen, für die der Meistertitel mit Red Bull ein Muss ist?

"Es ist nicht einfach, weil Rapid auch eine sehr gute Mannschaft hat, einen sehr guten Trainer, und vor allem sind sie zu Hause immer ausverkauft mit sehr fanatischen Fans. Und sie haben auch die Presse auf ihrer Seite. Fußball ist mehr als Geld. Sonst hätte in Deutschland Bayern München vor Hoffenheim Meister werden müssen. Genau wie Ajax, Real Madrid oder der AC Milan. Ich frage, wieso ist Red Bull in den letzten vier Jahren nur zweimal Meister geworden?"

Warum wurde letztlich nur eines der von Ihnen vorgegebenen Saisonzielen erreicht?

"Ich habe gesagt primär werden wir offensiv spielen. Das haben wir überall gemacht. Auch auswärts. Wir haben 86 Tore (Anm.: 2,4 pro Spiel) geschossen und mit Janko einen der drei besten Torschützen in Europa. Seine 39 Tore sind unglaublich und waren nur in einer offensiven Mannschaft möglich. In Europa wollte ich möglichst weit kommen. Wir haben sehr gut angefangen, die Auslosung meinte es dann nicht gut mit uns. Der FC Sevilla ist die Nummer drei in Spanien, das den Europameister und Champions-League-Sieger stellt. Für unsere Möglichkeiten haben wir dort sehr gut gespielt. Wenn jemand nicht versteht, dass man gegen so eine Mannschaft ausscheiden kann, der versteht nichts vom Fußball. Im Cup habe ich eine Mannschaft aufgestellt, von der ich voll überzeugt war. Ich wollte diesen Spielern mein Vertrauen geben und die anderen schonen. Das war kein Poker oder Risiko nehmen. Und wer garantiert mir, dass wir mit der ersten Mannschaft gewonnen hätten?"

Ein weiteres Ziel von Ihnen war, das Stadion zu füllen. Woran liegt es, dass das nicht der Fall war?

Adriaanse: "Wenn diese Saison mehr Zuschauer ins Stadion gekommen sind wie in der vorherigen, dann bin ich zufrieden (Anm.: 15.300 pro Spiel). Warum es nicht voll war, das kann viele Ursachen haben. Erstens ist Skifahren in Österreich viel populärer als Fußball. Ich denke auch, dass vielfach Spiele zum falschen Zeitpunkt angesetzt werden. Die Presse ist meistens sehr, sehr negativ gewesen. Ein weiteres Argument ist, dass vielfach Spiele von Red Bull live übertragen wurden. Aber meine Erwartung war, dass ich nicht nur ein Jahr bei Red Bull bleiben sollte. Meine Idee waren zwei oder drei Jahre. Red Bull hat unglaublich viele Möglichkeiten. Deshalb habe ich das gesagt und auch geglaubt und ich glaube es noch immer, dass Fußball in Österreich immer mehr an Wert gewinnt."

Wie groß ist die Enttäuschung, den Verein verlassen zu müssen?

"Sehr groß, weil ich vor drei Jahren in Mauterndorf ein Haus gekauft habe. Ich liebe Österreich, ich liebe Mauterndorf, und ich liebe es hier zu wohnen. Daher konnte ich wohnen und arbeiten gut kombinieren. Red Bull ist eine sehr große, positive Firma, die viel Geld in den Fußball steckt. Daher gibt es ungeahnte Möglichkeiten. So ein Trainingszentrum gibt es fast nirgendwo. Jetzt hätte ich alles über den österreichischen Fußball gewusst. Vor allem kenne ich alle Möglichkeiten und Unmöglichkeiten von meiner Truppe. Da hätte ich durchselektieren und die Mannschaft noch besser machen können."

Ab wann war Ihnen klar, dass Ihr Vertrag nicht mehr verlängert wird?

"Als im März Hochhauser mit Mateschitz gesprochen hat und dieser noch warten wollte, da hatte ich meine Zweifel. Ich wollte endlich eine Entscheidung, um auch meine Zukunft zu planen."

Für Sportdirektor Hochhauser gab es Dinge, die nicht so gepasst haben. Welche Dinge meinte er?

"Nicht ich muss das sagen, sondern Mateschitz und Hochhauser, die diese Entscheidung getroffen haben. Und das ist nicht eine komplizierte Sache oder eine Privatangelegenheit. Das ist etwas, wofür ich meine Argumente habe und sehr gute sogar. Sonst hat Hochhauser gemeint, gäbe es sportlich keine Beanstandungen.

Ihr gestörtes Verhältnis zu einem Teil der Presse war für die Außendarstellung von Red Bull nicht unbedingt förderlich.

"Ich habe die Presse nie boykottiert. Ein Teil davon hat mich boykottiert. Ich war ein halbes Jahr bei allen Pressekonferenzen vor dem Spiel. Das ist immer dasselbe: ich kann nicht die Aufstellung und die Taktik bekanntgeben, musste immer nur sagen wir gewinnen. Ich habe immer alle Informationen gegeben, vielleicht viel mehr, als möglich war. Als ich merkte, dass viele von diesen Informationen gegen mich verwendet wurden, habe ich mit Hochhauser und Linke eine Verabredung gemacht, dass ich im Frühjahr diese Vorschau nicht mehr mache. Unmittelbar vor und nach dem Spiel bin ich immer Rede und Antwort gestanden. Ein Teil der Presse hat nur negativ über mich geschrieben, was ich gehört habe. Ich habe Gott sei Dank seit einigen Monaten keine Zeitungen mehr gelesen."

Gibt es etwas, was Sie im Nachhinein anders machen würden?

"Nein. Ich habe gearbeitet, wie ich immer arbeite und hatte damit überall Erfolg. Ich denke, dass wir alle zusammen sehr gut gearbeitet haben, 100-prozentig. Red Bull wollte einen Trainer, der einen technisch guten, offensiven Fußball spielen lässt und lieber mit 5:3 gewinnt als mit 2:0. Deswegen bin ich gekommen und habe alle Vorgaben erfüllt. Wir sind trotz vieler verletzter Spieler, darunter für mein System so wichtige wie Leitgeb und Jezek, souverän Meister geworden."

Welchen Spielern trauen Sie eine internationale Karriere zu?

"Andreas Ulmer, weil er einer ist, der weiß, was er will. Christoph Leitgeb kann im Ausland auf Topniveau spielen. Allerdings muss er belastbarer sein und verletzungsfrei bleiben. Vielleicht ist der ständige Wechsel von Natur- auf Kunstrasen und umgekehrt ein möglicher Grund für seine Verletzungen. Marc Janko, wenn er und sein Manager die richtige Entscheidung treffen."

Was muss sich bei Red Bull ändern, um auch international erfolgreich zu sein?

"Da müssen die Spieler verbessert werden durch einen Trainer, und nicht jedes Jahr durch einen anderen. Und sie müssen dann auch international bessere Spieler holen. Aber die Frage ist, wollen diese Spieler überhaupt nach Österreich kommen und auf Kunstrasen spielen? Nicht alle wollen das. Und vor allem will Red Bull diese Spieler bezahlen?"

Wie beurteilen Sie ihren Nachfolger Huub Stevens?

"Er ist ein ganz anderer Trainer, wie ich es bin. Als Person anders und auch seine Fußball-Philosophie hat mit der meinen nichts gemein."

Warum haben Sie Ajax und AZ Alkmaar abgesagt?

"Weil ich vier Jahre im Ausland gearbeitet habe. In vier verschiedenen Ländern. Immer wieder ein neues Haus, eine neue Sprache, eine neue Kultur. Auch sportlich, neue Spieler, neue Liga und neue Gegner. Das war nicht einfach und deshalb will ich jetzt ein Jahr Ruhe nehmen. Deshalb habe ich vielen Vereinen abgesagt, nicht nur Ajax und AZ." (APA)