Oxford/Wien - Schon bei leichten Störungen der Hirndurchblutung ist Vorsicht geboten. Sie bedeuten ein hohes Risiko, innerhalb von 24 Stunden einen schweren Schlaganfall zu erleiden. Das berichten Neurologen der Universität Oxford  im Fachmagazin Neurology. Sie verglichen die Daten von 1.200 Patienten, die einen leichten Schlaganfall erlitten hatten. Jeder Zehnte erlitt innerhalb einer Woche einen schweren Schlaganfall, die Hälfte dieser Gruppe bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem flüchtigen Auftreten von Durchblutungsstörungen. Die Forscher werten das als dringenden Hinweis dafür, dass auch Symptome eines sehr kleinen Schlaganfalls ernst genommen werden müssen und Betroffene eine schnelle Behandlung brauchen. Denn jeder zweite der wiederkehrenden Schlaganfälle ruft bleibende Lähmungen hervor oder verläuft tödlich.

Unterschätztes Risiko

Das Risiko eines Schlaganfalls nach dem Auftreten geringfügiger Symptome ist lange Zeit auch von der Medizin unterschätzt worden. "Leichte Schlaganfälle werden oft nicht erkannt. Doch das Risiko, nach einem leichten Gehirnschlag in den Folgetagen einen schweren Schlaganfall zu erleiden, ist weitaus höher als nach einem schweren Schlaganfall", betont Wilfried Lang, Präsident der Gesellschaft für Schlaganfall-Forschung. Da eine rechtzeitige Spitalsbehandlung von Menschen mit flüchtigen Durchblutungs-Störungen das Risiko des schweren Schlaganfalls halbieren kann, sei laut dem Neurologen die unverzügliche stationären Einlieferung der Betroffenen wichtig.

Tritt eine Durchblutungsstörung auf, entscheidet daher das rechtzeitige Erkennen der Symptome über das weitere Schicksal des Betroffenen. Die wichtigsten Anzeichen für den leichten Schlaganfall sind eine halbseitige Schwäche an Arm, Bein, Gesicht oder Mundwinkel oder Gefühlsstörungen. "Manchmal kommt es zur Taubheit einer ganzen Körperhälfte, die deutlich stärker ist als das gelegentliche Fingerkribbeln beim Aufwachen", erklärt Lang. Hinweise sind auch Sehstörungen auf einer Körperseite oder Sprachstörungen. "Menschen verstehen die Sprache vorübergehend nicht oder verwenden falsche Wörter, obwohl sie richtig denken. Oft werden sie dabei fälschlich als verwirrt eingestuft." Nach zehn Minuten sind diese Anzeichen meist wieder vorbei.

Jeder Zwölfte unter 45

Zwar treten drei Viertel aller Schlaganfälle bei Personen ab 65 Jahren auf, doch hat einer von zwölf Betroffenen das 45. Lebensjahr noch nicht erreicht. "Je jünger der Patient, umso weniger werden die Anzeichen ernst genommen oder überhaupt registriert. Das verhindert oft Maßnahmen, die Leben retten können", so Lang. Doch auch Ältere würden sich oft vor der Spitalseinlieferung scheuen, da sie denken, es sei bereits alles in Ordnung. Denn flüchtige, kleine Durchblutungsstörungen verursachen keine Schmerzen wie etwa ein Herzanfall.

Verstopfte Gehirngefäße

Auslöser für einen leichten Schlaganfall sind Gerinnsel im Blut, die die Gehirngefäße verstopfen. "Dieser Verschluss löst sich innerhalb einiger Minuten, wodurch die erneute Durchblutung möglich ist. Doch oft stecken an anderer Stelle weitere, größere Gerinnsel im Blut, die weit größere Schäden anrichten können, sobald sie ins Gehirn gelangen." Sobald Menschen in ein Schlaganfall-Zentrum eingeliefert werden, wird ein Ultraschallbild des Gehirns, der Gehirn-zuführenden Blutgefäße und des Herzens gemacht. "Die ärztlichen Maßnahmen richten sich danach, welche Ursache man dabei feststellt", so der Wiener Neurologe.

Laut der Österreichischen Gesellschaft für Schlaganfall-Forschung erleiden jährlich 20.000 Österreicher einen Schlaganfall, die Mortalität ist in den Letzten Jahrzehnten angestiegen. Der Schlaganfall gilt laut Experten als die häufigste Ursache für bleibende Schäden wie Behinderungen. (pte/red)