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Foto: AP/Sermitsiaq/POLFOTO, Leiff Josefsen

Blendend weiße Eisberge, Sonnenbrillen, ein roter Schal, Ölbohrmaschinen und Rockkonzerte gehören zum Universum des neuen grönländischen Regierungschefs. Jakob Edvard Kuupik Kleist sieht sich als Vertreter der Urbevölkerung, deshalb singt er auch in Kalaallisut, der Sprache der Inuit. Der 51-Jährige gilt als die "grönländische Antwort auf Leonard Cohen". Sein Plattenlabel Ulo wurde Anfang der 1970er gegründet, zu einer Zeit wo Antiimperialisten wie er politisch sozialisiert wurden. Der 68er, ein Sohn eines Telegrafenmeisters, studierte dann auch Sozialarbeit, wurde Direktor einer Journalistenschule und Anfang der 1990er Verkehrsminister. Seit 2004 ist er Mitglied der grönländischen Selbstverwaltungskommission.

Das Ziel des Linksnationalisten ist wie schon in den 1970ern die vollständige Unabhängigkeit von Dänemark. Und damit ist er nicht allein. 70 Prozent der Grönländer wollen die Souveränität und hoffen deshalb, dass der Eisschild, der 80 Prozent der Insel bedeckt, durch den Klimawandel schmilzt und die Bodenschätze, vor allem viel Erdöl freigibt. Bereits am 21. Juni entlässt die dänische Königin Margrethe II. die ehemalige Kolonie in eine erweiterte Autonomie. Dann kann Grönland seine Bodenschätze weitgehend selbst kontrollieren, dafür will Kopenhagen aber die Hilfszahlungen langfristig einstellen. Kleist wird durch die neue Autonomie auch dafür zuständig sein, die Übernahme der Polizei, des Justizwesens und des Küstenschutzes in die Selbstverwaltung zu organisieren. Außerdem wird Kalaallisut offizielle Landessprache.

Der kulturkämpferische Patriotismus, auf den Kleists Partei, die Inuit Ataqatigiit (IA) - zu Deutsch Gemeinschaft der Inuit - setzt, wird ihm aber wohl wenig bei den akuten Problemen nützen. Die bisherige sozialdemokratische Regierung wurde abgewählt, weil sie dem weitverbreiteten Alkoholismus, der Gewalt in den Familien und der hohen Selbstmordrate nichts entgegensetzen konnte. Letztlich stolperte sie aber über einen Korruptionsskandal. Bei den Wahlen am Dienstag verdoppelte die IA dann ihre Stimmen auf 44 Prozent.

Weil sie in den späten 60er-Jahren gegründet wurde und vom Geist dieser Jahre geprägt ist, tritt Kleist auch vehement gegen die Luftwaffenbasis der USA auf, die vor dreißig Jahren in Thule im Nordwesten der Insel errichtet wurde. Seit im Vorjahr ein Atombomber der Basis abstürzte, wollen viele Grönländer sie loswerden - eine Atombombe dürfte noch immer vor der Küste liegen. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 4.6.2009)