Rund 3000 Teilnehmer kiefeln derzeit in Bonn an der kniffligen Frage, welche Klimaziele sich die Welt bis 2020 stecken soll. 2012 läuft das Kioto-Protokoll aus, mit dem die Reduktion der für den Klimawandel verantwortlichen Treibhausgase festgeschrieben wurde. Jetzt gilt es eine Nachfolgevereinbarung zu finden, die Ende des Jahres in Kopenhagen beschlossen werden soll.

Dabei schauen alle gebannt in Richtung USA - denn diese hatten sich unter Präsident George W. Bush dem Kioto-Protokoll verweigert -, obwohl die Vereinigten Staaten gemeinsam mit China die schlimmsten Luftverschmutzer weltweit sind. Präsident Barack Obama hat hingegen bereits angekündigt, dass die USA eine führende Rolle beim weltweiten Klimaschutz einnehmen solle.

Dieser größte Brocken sollte aber nicht davon ablenken, dass es höchste Zeit ist, dass auch Österreich endlich damit beginnt, in Sachen Umwelt vor der eigenen Türe zu kehren. Man kann zwar beschönigen - etwa damit, dass laut der Europäischen Umweltagentur (EEA) die Treibhausgasemissionen 2007 auch in Österreich zurückgegangen sind -, das ändert allerdings nichts daran, dass 2007 die Emissionen Österreichs 88 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten betrugen. Damit lagen wir 19,2 Millionen Tonnen über dem Kioto-Ziel. Und Österreich hat sich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis 2012 im Schnitt auf 68,8 Millionen Tonnen zu reduzieren.

Was das bedeutet, ist, genau genommen, ein volkswirtschaftlicher Irrwitz. Denn die Energie, die Österreich benötigt, wurde 2007 noch zu über 73 Prozent mit fossilen Brennstoffen abgedeckt: 41 Prozent Öl, 21 Prozent Gas, elf Prozent Kohle. Mit erneuerbarer Energie wurde im Wasserkraftland gerade einmal rund ein Viertel abgedeckt.

Dieser Großeinkauf an fossilen und also ökologisch bedenklichen Energieträgern machte sich 2008, als die Ölpreise explodierten, schmerzhaft bemerkbar: Das österreichische Außenhandelsdefizit für Energie und Brennstoffe hatte sich in nur wenigen Jahren von 4,4 Milliarden Euro auf 9,3 Milliarden mehr als verdoppelt. Sprich: Eine Unsumme an heimischer Wertschöpfung wurde im Ausland verpulvert.

Das war vor der Wirtschaftskrise, mit der der Energieverbrauch und die Ölpreise sanken. Aber das wird sich rasch wieder ändern, sobald der Wirtschaftsmotor wieder anspringt. Gleichzeitig muss Österreich wegen der überproportionalen Energieversorgung mit Öl, Gas und Kohle Klimaschutzzertifikate einkaufen. Laut dem Biomasseverband könnten diese Zertifikate das Land bis 2012 zwei bis drei Milliarden Euro kosten. Das bedeutet, dass mit diesem Geld klimarelevante Umweltprojekte im Ausland finanziert werden - und schon wieder heimische Wertschöpfung abfließt.

Das sind gewaltige Beträge. Und was passiert? Mit der Novelle des Ökostromgesetzes wurde im Mai 2008 das Fördervolumen um läppische vier Millionen Euro erhöht - und der Fördertopf mit insgesamt 21 Mio. Euro jährlich gedeckelt. Die Folge: Wer plant ein neues Kraftwerk, wenn er vielleicht gar keine Unterstützung bekommt, da die Fördermittel schon weg sind? Der Ausbau etwa von Windkraftanlagen kam zum Erliegen.

Das heißt: Während auf der einen Seite, ohne mit der Wimper zu zucken, Unsummen für fossile Energieträger und "Ablasszahlungen" im Ausland verpulvert werden - wird gleichzeitig der Ausbau der nachhaltigen Energiegewinnung, der heimischen Wertschöpfung und gleichzeitig die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Bereich der Ökoenergie verhindert.

Das müsste der "Arbeitsplatzpartei" SPÖ und der "Wirtschaftspartei" ÖVP zu denken geben. Früher hätte man dazu "akuter Handlungsbedarf" gesagt. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Printausgabe, 5.6.2009)