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Am 15. Oktober 2008 sahen sich Sebastian Prödl (li.) und Marko Pantelic in Wien. Am 6. Juni 2009 trifft man sich in Belgrad nicht, der Österreicher fällt erkrankt aus.

REUTERS/Robert Zolles

Wien - Radomir Antic sagt: "Österreich wird in Belgrad alles versuchen. Sie haben einen neuen Trainer, den man Feuerwehrmann nennt. Wir haben großen Respekt." Serbiens Teamchef wurde natürlich nicht vom Schwachsinn überfallen, nein, er sagt, was in seiner Position gesagt werden muss. Der Fußball birgt nämlich auch Gefahren für echt gute Mannschaften, und dazu zählt Serbien allemal. Man neigt als Favorit mitunter dazu, schwächere Gegner zu unterschätzen, und das kann ziemlich blöd enden. Als noch frisches Beispiel sei der 4:1-Sieg von Absteiger Altach bei Meister Red Bull Salzburg angeführt, aber daran wird sich Antic kaum erinnern.

Das Gegenteil 

Österreichs Teamchef Dietmar Constantini verlangt von seinen Spielern praktisch das Gegenteil, nämlich Respektlosigkeit. "Respekt ist wichtig gegen die Färöer oder Litauen, aber nicht gegen Serbien oder Frankreich. Die sind viel besser als wir." An dieser Einschätzung werde sich auch bis zum Anpfiff am Samstag um 20.30 Uhr absolut nichts ändern. "Wir bleiben bis zur letzten Sekunde Außenseiter." Um Belgrad zu erreichen, muss man im konkreten Fall von Wien-Schwechat aus hinfliegen. Das passiert Freitag um die Mittagszeit. Am Abend wird im Roter-Stern-Stadion trainiert, die nicht gerade feudale Anlage wird vom Volksmund kosend "Marakana" genannt. 50.000 Menschen füllen es, natürlich nicht beim österreichischen Abschlusstraining, das ist geheim. "Ein Hexenkessel", sagt Constantini, und auch, "dass das keine Rolle spielt. Wir müssen überall über uns hinauswachsen, um nicht zu verlieren."

Die österreichischen Kicker wurden während der Vorbereitung in Bad Tatzmannsdorf mit Unterlagen über die Gegner gefüttert, sie haben die Zettel und Videos genau studiert. Dass Constantini das Gelernte abgefragt hat, ist nur ein Gerücht, für Schularbeiten fehlte die Zeit. Für die Dopingkontrolleure musste man sie sich stehlen. Wie gut die Serben sind, haben einige im Oktober leibhaftig erfahren, da wurde im Happel-Stadion 1:3 verloren. Nach einer komfortablen 3:0-Führung haben die Gäste die Arbeit freundlicherweise eingestellt und eher gelangweilt auf den Schlusspfiff gewartet.

Antic kann auf 19 Legionäre zurückgreifen, die sind natürlich nicht in ausländischen Kreisligen beschäftigt, sondern bei echten Topklubs. Inter Mailand (Dejan Stankovic), Chelsea (Branislav Ivanovic) oder Manchester United (Nemanja Vidic). Der Marktwert von Innenverteidiger Vidic wird auf 32 Millionen Euro geschätzt, ist also höher als jener der kompletten österreichischen Startformation. Das Herz der Mannschaft ist eindeutig Stankovic. Constantini: "Von ihm geht sehr viel aus, er ist die Schaltstelle, eine absolute Respektsperson." Eine Manndeckung wird erwogen.

Ziemlich gemein ist auch, dass Serbien in den vergangenen 15 Jahren nur zweimal in Belgrad verloren hat, und zwar gegen Russland.

Aber es gibt auch Schimmer der Hoffnung. Stürmer Nikola Zigic, der kongeniale Partner von Marko Pantelic, ist gesperrt. Paul Scharner, der 29 Jahre alt werden musste, um erstmals Kapitän sein zu dürfen ("Das macht mich stolz"), drückt die Stimmung im ÖFB-Team so aus: "Das Tempo, die Aggression im Training haben mich beeindruckt. Die Jungen machen gehörig Druck auf die Alten, sie sind fast übereifrig."

Scharner möchte in Belgrad Verantwortung übernehmen und für Ruhe sorgen. Er schließt mit einer nahezu legendären Feststellung: "Im Fußball ist alles möglich." Radomir Antic sagt: "Die drei Punkte sind fest eingeplant." (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 05.06.2009)