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Britische Supermärkte haben das "Ampel"-Modell entwickelt. Frosta führt es in Deutschland ein - und in spätestens sechs Wochen auch in Österreich.

Foto: AP/Cleaver

Konsumentenschützer geben grünes Licht, die Industrie sieht Rot. Brüssel geht lieber andere Wege. 

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Wien - Peter Sedmik kann der Farbenlehre viel abgewinnen. Rot stehe künftig etwa für Lachs im Blätterteig. Das Signal an den Kunden: zu viel Fett. Für den Zucker gibt es grünes Licht, und bei Salz kommt das Fertiggericht mit Gelb davon.

Sedmik führt die österreichische Niederlassung des deutschen Tiefkühlkost-Konzerns Frosta. Der Lebensmittelproduzent will mit der Einführung der hart umstrittenen Ampelkennzeichnung von Nahrungsmitteln ein Eis im Handel brechen. Drei Farben sollen enthüllen, wie gesund seine Lachs- und Hühnchengerichte sind. 

"Verdummung"

Britische Supermärkte haben das Modell entwickelt. Frosta führt es in Deutschland ein - und in spätestens sechs Wochen auch in Österreich, sagt Sedmik. Schließlich habe man nichts zu verbergen.

Die österreichische Lebensmittelindustrie hält vom Vorstoß wenig. Ihr Verbandsvorsteher Michael Blass spricht von Irrlichtern statt von Ampeln. Das System führe zu einer Verdummung, es sei eine nicht zulässige Vereinfachung und daher abzulehnen. Zu viel Information falle damit unter den Tisch. In letzter Konsequenz werde sogar den Bananen und Molkereiprodukten ein roter Punkt verpasst. "Nicht zu reden von Fleisch oder Olivenöl."

Weg von der Ampel

Wenig abgewinnen kann der Farbenlehre auch Mitbewerber Unilever. Lebensmittel einzuteilen in Gut und Böse sei fatal, meint die Ernährungswissenschafterin des Lebensmittelkonzerns in Österreich, Bernadette Stumpner. "Ernährung funktioniert nicht nach Regeln des Straßenverkehrs." In Großbritannien seien etliche Unternehmen von der Ampel abgekommen.

Auch Kraft Foods zeigt wenig Ambition, ihren Produkten farbige Stempel zu verpassen. Nestlé schlägt in die gleiche Kerbe. Und österreichische Handelsketten sehen ebenso wenig Bedarf. Die Ampellösung sei etwas plakativ und nicht vollständig ausgereift, heißt es etwa bei Rewe, man verfolge hier lieber eigene Wege.
Frosta schlägt der Widerstand nicht auf den Magen. Die Ampel diene einer besseren Orientierung, ist Sedmik überzeugt, und der Konsument sei mündig genug, zu entscheiden, was gut für ihn sei. Er ist sich sicher, dass andere Hersteller dem Weg der Ampel folgen. Frosta ist in Deutschland mit 350 Mio. Euro Umsatz Marktführer bei tiefgekühlten Fertiggerichten. In Österreich rangiert man abgeschlagen hinter dem Platzhirsch Iglo.

Arbeiterkammer macht Druck

Auf seiner Seite hat Frosta Konsumentenschützer. Sie fordern europaweit seit Jahren die Ampelregelung. Es gehe um eine einfachere Klassifizierung und Interpretation, sagt Heinz Schöffl, Lebensmittelexperte in der Arbeiterkammer, und sie ersetze ja nicht Zahlenangaben über den Nährwertgehalt.

Dass die britische Farbenlehre in der EU verbindlich Schule macht, gilt freilich als unrealistisch. Brüssel arbeitet an einer neuen Informationsverordnung zur Nährwertkennzeichnung. Etliche Industrie- und Handelskonzerne greifen dem in Österreich mit exakteren Angaben auf den Verpackungen bereits vor. Die Ampelkennzeichnung hat in die Vorschläge der Kommission bislang keinen Eingang gefunden. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.6.2009)