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Wenig Grund zur Freude hat man derzeit in Riga: Die Arbeitslosigkeit ist die höchste in der EU, und die Rückzahlung der vielen Fremdwährungskredite könnte bald noch teurer werden.

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Riga/Warschau/Wien - Polnische Notenbanker fürchten sich bereits, dass die lettische Krise "die gesamte Region in Mitleidenschaft" ziehen könnte. Dariusz Filar, Mitglied im geldpolitischen Entscheidungsgremium der polnischen Zentralbank, sagte deswegen: "Die Situation stellt eine Herausforderung dar, die nach einer umfangreichen Reaktion verlangt. Es ist mehr internationale Hilfe nötig."

Die wirtschaftliche Situation Lettlands hat sich in der abgelaufenen Woche massiv verschlechtert. Die Regierung in Riga geht in diesem Jahr von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 18 Prozent aus. Die Arbeitslosenrate liegt bei 17,4 Prozent (die drei baltischen Staaten haben die höchsten Arbeitslosenraten der EU). Der Ratingagentur Fitch zufolge benötigt Lettland dringend Hilfe der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds.

Kampf gegen Abwertung

Die Regierung kämpft verzweifelt gegen eine Abwertung der Landeswährung Lat zum Euro und musste bereits mehrmals am Devisenmarkt intervenieren. Der Lat darf sich laut dem Currency-Board-Regime nur um ein Prozent im Vergleich zum Euro verteuern oder verbilligen. Für die Interventionen braucht die Regierung viel Geld. Und die Liquidität wird knapp. Mit dem Versuch, weitere Staatsanleihen zu verkaufen, ist Lettland bei den Investoren in dieser Woche abgeblitzt.

Am Donnerstag forderte die EU-Kommission Lettland schließlich auf, das riesige Haushaltsloch zu verkleinern. Ausgabensenkungen seien die Voraussetzung für weitere Hilfen des IWF, der Lettland im Vorjahr bereits einen Notkredit über 7,5 Mrd. Euro zugesagt hat.

Ministerpräsident Valdis Dombrovskis mahnte eine schnelle Einigung mit dem IWF und der EU über weitere Hilfen an. Eine Abwertung des Lat stehe nicht bevor, beteuerte er. Einer seiner Berater hatte zuvor jedoch angedeutet, dass die enge Bindung an den Euro nicht aufrechtzuerhalten sei.

Skandinavische Banken wären stark betroffen

Die Spekulationen über die Abwertung halten also an. Der Einlagenzinssatz - zu dem Geschäftsbanken bei der Notenbank über Nacht Geld parken - verdoppelte sich deswegen binnen drei Tagen auf ein Rekordhoch von 25 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Europäischen Zentralbank liegt der Satz bei 0,25 Prozent. Es ist offensichtlich, dass die lettische Notenbank mit dem hohen Einlagezinssatz Liquidität anzuziehen versucht.

Eine Abwertung des Lat würde vor allem skandinavische Bankengruppen treffen, die stark in der Region engagiert sind, und den Bürgern vor allem Fremdwährungskredite verkauft haben. Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt kritisierte die Geschäftspraktiken der skandinavischen Banken im Baltikum: Diese hätten "allzu aggressiv" Kredite während der guten Wirtschaftslage vergeben und nach dem Ende des Booms "ruckartig" die Preise angehoben und sich aus der Verantwortung gestohlen. (Reuters, szem, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.6.2009)