Stummfilmtänzer im öffentlichen Raum

Foto: Alek Kawk

Dass Anrainer und Polizei eine Discothek mitten im Wohngebiet lieben, dürfte einmalig sein. Freilich: Das Discokonzept von Oliver Hangl ist ein Unikat. Der Wiener Künstler lädt nämlich regelmäßig zur "Gehsteigdisco" - und dort trifft Wilhelm Buschs Satz "Musik wird störend oft empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden" nicht zu. Denn Hangl stattet seine Gäste mit Funkkopfhörern aus: Die Besucher tanzen - aber der Umwelt bleibt jeder Lärm erspart.

Am Wochenende lud Hangl auf den Spittelberg. Und tatsächlich: Das Partyvolk, das dank Zweikanalfunktechnik in einer "musikalischen Wahrnehmungsblase" (Hangl) zwischen Musik aus den Jahren 1988 oder 1998 wählen konnte, erregte zwar optisch ("für Zuseher ohne Kopfhörer schaut das vielleicht ein bisserl krank aus") Aufmerksamkeit, verursachte im gutbürgerlichen Wohnviertel aber kein akustisches Ungemach.

Die Tanzorte, sagt Hangl, wähle er genau und bewusst aus: "Am Spittelberg wohnen jene Leute, die in den 70er-Jahren gegen das revoltierten, was sie heute sind."

Die nächste Gehsteigdisco findet am 20. Juni bei der Piaristenkirche in Wien statt.  (Thomas Rottenberg, DER STANDARD; Printausgabe, 8.6.2009)