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Wien - Sollten die USA den drohenden Irak-Krieg beginnen, könnte dies auch Auswirkungen auf die zivile Nutzung des vom amerikanischen Militär entwickelten Satellitenortungssystems GPS (Global Positioning System) haben. Durch Störsignale kann die Ungenauigkeit größer werden. Betroffen wären die Luftfahrt, Autofahrer, Segler und Wanderer. In der Praxis drohe aber keine Gefahr, erklärte der Technische Direktor des Christophorus Flugrettungsvereins, Wolfgang Burger, weil auch die weniger genaue Positionsbestimmung ausreiche.
24 Satelliten werden seit 1978 zentral von der Master Control Station in Colorado Springs (USA) überwacht. Durch die Bestimmung der Abstände und Winkel zu mindestens Dreien wird die Position ermittelt. Der Betreiber, das US-Verteidigungsministerium behält sich vor, die Daten bei Krisen oder kriegerischen Handlungen zu verschlechtern oder das System ganz abzuschalten. Bis zum 2. Mai 2000 wurden die Signale für Private künstlich verzerrt, danach verbesserte sich die Ortungsgenauigkeit von unter hundert auf einen Meter.
Kein Abschalten
An ein Abschalten der Systems sei nicht zu denken, so Burger. Die Folge wäre, "dass die gesamte zivile US-Luftflotte am Boden bliebe". Ohne GPS könnten die Maschinen nicht mehr fliegen. Eine Ungenauigkeit von rund 100 Meter stellt für die Luftfahrt in Europa kein Problem dar, so der Techniker. "Die Luftstraßen sind breit genug, die Landeinformationen stammen direkt vom Flughafen".
Selbst bei GPS-Störungen werden die ÖAMTC-Notarzthubschrauber Verletzte im Gelände zu finden, versprach Burger. Die größere Ungenauigkeit reiche aus, um ins Zielgebiet zu gelangen, und "wir arbeiten unter Sichtflugbedingungen". Zusätzlich unterstützt das "map matching" die Orientierung - dabei wird die Position mit einer Straßenkarte verglichen.
Auch Segler werden ankommen
Problematisch ist, dass eine Änderung der GPS-Genauigkeit von der US-Regierung nicht immer bekannt gegeben wird, erklärte Gerti Perdacher vom Importeur der Garmin-Ortungsgeräte puls-elektronik (Nestelbach/Steiermark). Der "Rückschritt" auf die frühere Ungenauigkeit werde aber zumindest bei neueren Geräten weitgehend ausgeglichen: Ist "Differential-GPS" eingebaut, werden etwa auch Radiosender zur Peilung eingesetzt.
Auch Segelschiffe werden bei größerer Ungenauigkeit den sicheren Hafen ansteuern können. Autofahrer könnten zwar durchaus im innerstädtischen Bereich einige Meter zu spät auf das Abbiegen hingewiesen werden. Wanderer können die gewünschte Schutzhütte aber auch in Zukunft auffinden.
Unterschiedliche Sichten
Nach Auskunft der schweizerischen Fluglinie Swiss hat der Kriegsstart der US-Amerikaner gegen den Irak bislang zu keiner Beeinträchtigung der Genauigkeit des GPS (Global Positioning System) geführt. Beim österreichischen Automobilklub ÖAMTC hingegen geht man sehr wohl von einer Ungenauigkeit von +/- 60 Metern gegenüber dem üblichen einen Meter Varianz aus. Während des Golfkrieges 1991 hatten die USA GPS-Signale teilweise verschlüsselt, um auf diese Weise das weltweite System für andere Benutzer als die alliierten Militärs zu beeinträchtigen.
Während Dominik Werner von der Swiss-Presseabteilung zu pressetext.austria sagte, dass das GPS "ganz normal" arbeite, hatte der Leiter der ÖAMTC-Informationszentrale, Martin Paweletz, eine andere Meinung. "Wir gehen von einer Ungenauigkeit von plus-minus 60 Metern aus. Allerdings können wir das nicht endgültig verifizieren, weil die meisten Systeme die Signale nicht so genau auswerten können." Im Alltagsbetrieb fielen seinen Kollegen derartige Ungenauigkeiten nicht auf, da die eingesetzten Systeme sich einerseits nicht nur an den GPS-Signalen sondern auch an anderen Werten (wie etwa zurückgelegte Wege) orientierten. Andererseits entsprächen die einzelnen Pixel auf den Displays in der Realität mehr als 60 Metern. Darunter liegende Abweichungen seien also nicht darstellbar und könnten nur mit Hilfe von zuvor fixierten Referenzpunkten ausgemessen werden, so Paweletz.
Erst gestern habe er mit einem Karten-Hersteller gesprochen. Laut dessen Angaben verringern die USA bei Defcon 2 (Defence Readiness Condition) automatisch die Genauigkeit um die angesprochenen 60 Meter, bei Erreichen von Defcon 3 würde GPS für die Öffentlichkeit überhaupt abgeschalten. Die Auskunft von Swiss erklärt sich Paweletz so: "Aus meiner privaten Fliegerei weiß ich, dass nur teilweise GPS eingesetzt wird. Wichtiger sind Funkfeuer und ähnliche Einrichtungen." (APA/pte)