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Doris Bures kommt mit der Bahn schneller voran.

Foto: Reuters/Herbert Neubauer

Wien - Wirtschaftspolitischer Stillstand in der Koalition:Die ÖVPblockiert zwei Großvorhaben - die Postmarktöffnung und die Bahnreform - im Ministerrat am heutigen Dienstag. Wenn es auch nächste Woche zu keiner Einigung kommen sollte, können die beiden Projekte nicht mehr vor dem Sommer das Parlament passieren.

Bei der Bahn geht es um die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten, welche durch die Fusion der beiden Infrastrukturgesellschaften Bau und Betrieb erfolgen soll. Nun spießt es sich an einem Passus, wonach sich Länder und Gemeinden künftig an von ihnen reklamierten Bauvorhaben sowie Erhaltung derselben finanziell beteiligen müssen. Die ÖVP, deren Obmann Josef Pröll für die Finanzen des Landes zuständig ist, schloss sich dem Widerstand der Länder an. Verkehrsministerin Doris Bures hält die Bedenken für unbegründet.

Die SP-Ressortchefin kämpft auch bei der Öffnung des Marktes für Briefe bis 50 Gramm mit Gegenwind - der Entwurf wurde ebenso wie die Bahnreform von der Tagesordnung des Ministerrats gestrichen. Hier spaltet das Verhältnis vom Nochmonopolisten zu künftigen Anbietern die Regierungsparteien. Die "weitere Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen zu Lasten neuer Anbieter erscheint problematisch" , moniert etwa das Wirtschaftsministerium in seiner Stellungnahme.

Von beiden Regierungsseiten wird allerdings versichert, dass die Probleme "lösbar" seien, mit einer Einigung in den nächsten Tagen gerechnet werde. Die ÖVP bescheinigt Bures, "es allen recht machen zu wollen" - ein zweifelhaftes Kompliment. Immerhin sind die Wünsche des Noch-Monopolisten, seiner Bediensteten, der Regionalpolitik und der potenziellen Mitbewerber schwer unter einen Hut zu bringen. Doch auch die ÖVP selbst tut sich schwer: Einerseits springt sie für die alternativen Anbieter in die Bresche, andererseits ist Pröll über die Staatsholding Mehrheitseigentümer der Post und warnt in der Stellungnahme zum Entwurf vor einer "überproportionalen Kostenbelastung der Österreichischen Post AG" bei der Finanzierung der flächendeckenden Versorgung (Universaldienst).

Zudem sorgt die Umrüstung der Hausbrieffachanlagen, die den Post-Konkurrenten Zugang ermöglichen soll, für VP-internen Zwist. Die Wirtschaftskammer will eine schnelle Umrüstung, das Finanzministerium plädiert für längere Fristen. Einig sind sich die Schwarzen, dass den Privaten nicht der Kollektivvertrag der Post aufgezwängt werden soll, wie dies Bures vorsieht. Das Wirtschaftsministerium bezeichnet diesen Punkt als "bedeutende Markteintrittsbarriere" . Für die Post-Management- und Belegschaft in seltener trauter Einigkeit marschieren. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.6.2009)