Passaic - Ein Afroamerikaner steht in Passaic im Bundesstaat New Jersey an einer Straßenecke, ein Polizeiwagen hält an. Der Mann zippt daraufhin seine Jacke zu. Im nächsten Moment steigt ein Uniformierter aus dem Streifenwagen, rempelt den Mann, stößt ihn zu Boden und schlägt mit der Faust und mit einem Schlagstock auf ihn ein. Ein anderer Beamter sieht dabei zu. Die Überwachungskamera einer Bar filmt den Übergriff, und CNN strahlt die bereits am 29. Mai aufgezeichneten Szenen aus, die vergangenes Wochenende in der Stadt zu Protesten führten.

Der Mann, der von dem Übergriff unter anderem eine Hornhautverletzung, zugeschwollene Augen und Prellungen davongetragen hat, ist Ronnie H., 49 Jahre alt und nach Angaben seiner Mutter und seiner Rechtsvertretung psychisch beeinträchtigt. Ihm wird von den Beamten Widerstand gegen die Staatsgewalt und die Absicht, illegale Substanzen zu erwerben, unterstellt. Seine Mutter sagt, er sei einfach nur spazieren gegangen. Das sei nun einmal seine Lieblingsbeschäftigung.

Was genau den Beamten dazu bewogen hat, aus dem Wagen zu steigen und auf H. loszugehen, ist unklar. Der Vorwurf des rassistischen Übergriffs steht im Raum. Laut CBS soll H. dazu aufgefordert worden sein, seine Jacke zu schließen, weil er darunter kein T-Shirt getragen habe. Auf dem Video sieht man, dass H. dies auch tat.

H.s Anwältin sagt, H. habe dann die Nacht in Haft verbringen müssen - ohne Behandlung seiner Verletzungen. Am Wochenende verkündete ein Polizeisprecher, der beschuldigte Polizist bleibe nach wie vor im Dienst. Die Angelegenheit werde intern untersucht. Auch die Staatsanwaltschaft hat sich eingeschaltet. Laut Spiegel online schließen empörte Bürger derzeit Wetten ab, dass die beiden Beamten nicht belangt werden.

Der Vorfall erinnert an frühere ähnliche Übergriffe, wie beispielsweise die Misshandlung des Afro-amerikaners Rodney King durch Polizisten in Los Angeles. Die in den Fall verwickelten Beamten wurden 1992 freigesprochen, was zu bürgerkriegsähnlichen Szenen auf Los Angeles' Straßen führte, bei denen mehr als 50 Menschen ums Leben kamen und rund 2000 Personen verletzt wurden. Auch das Überwachungsvideo, das den Angriff auf H. zeigt, löste eine Welle der Empörung aus: Rund 100 Menschen demonstrierten am Wochenende vor dem Rathaus in Passaic und verlangten die Entlassung des beschuldigten Beamten. (spri/DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2009)