Wien - Die Rufe nach einer zusätzlichen Geldspritze zur Ankurbelung der Wirtschaft werden lauter. Am Dienstag hat der Industrielle Hannes Androsch nach einem dritten Konjunkturpaket gerufen. Davon sollten in erster Linie Forschungs- und Bildungseinrichtungen profitieren, sagte Androsch im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Die Talsohle der Wirtschaftskrise sieht der Industrielle, der Beteiligungen unter anderem am Leiterplattenhersteller AT&S, dem Flugzeugzulieferunternehmen FACC und den österreichischen Salinen hält, noch nicht erreicht. "Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr dort sind", sagte Androsch. Selbst wenn die Wirtschaft dann wieder wachse, werde man im Weltmaßstab nicht vor 2013 das Niveau des Jahres 2008 erreicht haben.

Den finanziellen Spielraum für die Konjunkturankurbelung sollte die Regierung durch Inangriffnahmen einer längst fälligen Maßnahme schaffen: der Verwaltungsreform. Androsch: "Da gibt es ein Einsparungspotenzial von insgesamt 20 Milliarden Euro." Ohne Reformen riskiere Österreich, den ungarischen Weg zu gehen mit schwacher Wirtschaftsleistung, hohem Defizit, und schwindender Wettbewerbsfähigkeit. "Das wollen wir alle nicht", sagte Androsch.

Androsch, der Bundeskanzler Werner Faymann (SP) in wirtschaftspolitischen Fragen berät, scheute auch nicht vor Kritik an der Regierung zurück. Zu zögerlich würden Reformen angegangen, zu schwach werde auf die Krise reagiert. Kurzarbeit zu finanzieren und Menschen in Frühpension zu schicken, wie das derzeit gängige Praxis ist, sei keine Wirtschaftspolitik.

Gegen Vermögenssteuer

In der erneut aufgeflammten Diskussion um die Einführung einer Vermögenssteuer stellt sich Androsch auf die Seite der Gegner: "Die Steuerdiskussion hat die SP-Wähler nicht beflügelt, am wenigsten die Häuselbauer. Und wenn man sagt, die Häuselbauer werden ausgenommen, bleibt die Steuer erst wieder an den Unternehmen hängen." Das aber sei in Zeiten wie diesen mehr als kontraproduktiv. Wie dann die Schulden abbauen? Durch frei werdende Mittel aus Reformen in der Verwaltung, in der Schule, den Krankenkassen und Spitälern, sagte Androsch.

Skeptisch äußerte sich der Industrielle zu Überlegungen, angeschlagene Betriebe durch die Staatsholding ÖIAG aufzufangen. "Es ist eine Illusion zu glauben, wenn man Kranke zusammenlegt, dass sie dann gesund werden." Wenn ein Betrieb nur temporär einen Durchhänger habe, darüber hinaus aber über gute Produkte verfüge, sollte man diesem durch die schwierige Phase helfen. (stro, DER STANDARD, Printausgabe, 10.6.2009)