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Mindestens rund 20.000 Konzentrations- und Arbeitslager, Ghettos und andere Verfolgungsstätten errichteten die Nazis in Europa. Bisher war man von einer geringeren Zahl ausgegangen.

Im Bild: Das Tor zum Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau im Jahr 1941.

Foto: AP

Washington - Das von Nazi-Deutschland errichtete Netz von Konzentrations- und Arbeitslagern, Ghettos und anderen Verfolgungsstätten war nach Erkenntnis von US-Forschern weit größer als bislang angenommen. Bei Recherchen für ein umfassendes Nachschlagewerk stießen die Experten des US-Holocaust Gedenkmuseums in Washington nach eigenen Angaben auf rund 20.000 solcher Stätten in ganz Europa. Erwartet hatten sie höchstens 7000 solcher Orte.

Die Forscher arbeiten unter Leitung des Holocaust-Experten Geoffrey Megargee an einer "Enzyklopädie der Lager und Ghettos von 1933-1945". Der erste Band des geplanten siebenbändigen Werkes war vor kurzem erschienen. Megargee sagte AFP, er und seine Kollegen seien zu Beginn ihrer Recherchen davon ausgegangen, 5000 bis 7000 Lager und ähnliche Stätten untersuchen zu müssen. "Aber diese Zahl wurde immer größer, und zum jetzigen Zeitpunkt arbeiten wir bereits mit der Zahl 20.000."

Bereits Ende 1933 über hundert Lager

Der Veröffentlichung zufolge begannen die Nazis im Jahr der Machtergreifung durch Adolf Hitler 1933, das Netz von Lagern zu knüpfen. Bereits Ende 1933 habe es mehr als hundert solcher Lager in ganz Deutschland gegeben. Sie wurden von paramilitärischen Gruppen wie der Waffen-SS und der Polizei geführt, "um echte und vermeintliche Feinde des Regimes zu inhaftieren und zu misshandeln", wie es in dem ersten Band der Enzyklopädie weiter heißt.

Mit Ende des zweiten Weltkriegs zwölf Jahre später habe sich das Netz über ganz Europa ausgebreitet, schreiben die Forscher weiter. Es umfasste Vernichtungslager wie Auschwitz-Birkenau, zudem Ghettos, Zwangsarbeiterlager, Kriegsgefangenenlager, Umerziehungslager, Euthanasie-Zentren, Gefängnisse und Bordelle. Andere europäische Länder "von Frankreich bis Rumänien, von Norwegen bis Italien", die mit Nazi-Deutschland zusammenarbeiteten, hätten eigene Lager errichtet und so das Netz vergrößert. Millionen Menschen seien in den Lagern gestorben - entweder seien sie systematisch getötet worden oder den unmenschlichen Bedingungen zum Opfer gefallen.

Die Enzyklopädie untersucht neben dem Vernichtungsfeldzug gegen die Juden auch die Verfolgung anderer Gruppen in Nazi-Deutschland, darunter Sinti und Roma, Homosexuelle, Regimegegner, Kriegsgefangene und Kommunisten. Die weiteren sechs Bände des Nachschlagewerks sollen bis zum Jahr 2018 erscheinen. (APA/red)