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Muammar Gaddafi verteilt nach seiner Rede Autogramme

Foto: Reuters/Bianchi

Rom - Ein Treffen mit 1000 Frauen war am Freitag einer der Höhepunkte des letzten offiziellen Besuchstages des libyschen Revolutionsführers Muammar Gaddafi in Italien. Die Zusammenkunft im römischen Konzert- und Veranstaltungszentrum "Auditorium" war von der italienischen Gleichstellungsministerin Mara Carfagna angeregt worden, berichteten italienische Medien. Auf dem Programm stand unter anderem eine 40-minütige Rede des "Colonnello" - wie Al-Gaddafi in Italien auch genannt wird - über die Stellung der Frau in Afrika.

"Welt braucht weibliche Revolution"

Bei einem Treffen mit 1000 Frauen aus der Wirtschaft, Kultur und Politik hat der libysche Revolutionsführers Muammar Gaddafi am Freitag in Rom die schwierige weibliche Situation in der arabischen Welt hervorgehoben. "In der arabischen und islamischen Welt ist die Frau wie ein Möbelstück, das man ersetzen kann, wann man will, ohne dass jemand fragt, warum", sagte Gaddafi.

Die Lage der Frauenrechte in der arabischen Welt sei "horrend". In Afrika generell sei die Lage aber ganz anders. "Dort gibt es keinen Unterschied zwischen Mann und Frau. Oft bleibt der Mann in der Hütte, während die Frau arbeiten geht", sagte Gaddafi. Der afrikanische Kontinent habe jedoch große Probleme. "Oft gibt es Frauen mit zehn Kindern. Wenn man sie fragt, wo der Vater ihrer Kinder ist, antwortet sie wahrscheinlich, dass sie es nicht weiß, dass sie verlassen worden sind", so Gaddafi.

Der Afrikanischen Union will Gaddafi ein Gesetzesprojekt zur Förderung der Familie, der Vaterschaft und der Ehe. "Wer ein Kind erzeugt, muss dafür verantwortlich sein", so Gaddafi. Die Welt brauche eine "weibliche Revolution", die auf einer "kulturellen Revolution" basieren müsse. Er stehe an der Seite aller Frauen der Welt, die die selben Rechte des Mannes haben sollten.

"Ohne Frauen würde die Gesellschaft auf einem einzigen Bein gehen", so der libysche Revolutionsführer. Er versicherte, dass in der libyschen Gesellschaft "absolute Gleichheit der Geschlechter" gelte.

Gaddafi entschuldigt sich bei Abgeordneten für Fernbleiben

Der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hat sich bei italienischen Parlamentariern für sein Fernbleiben von einem geplanten Treffen mit ihnen persönlich entschuldigt. Gaddafi habe sein "Bedauern" zum Ausdruck gebracht, teilte der frühere italienische Regierungschef Massimo D'Alema mit. Nach eigenen Angaben suchte er Gaddafi am Freitag nach dessen Fernbleiben in seiner Unterkunft in Rom auf und sprach mit ihm rund eine Stunde.

Nach einer stundenlangen Verspätung des libyschen Staatschefs hatte das italienische Abgeordnetenhaus ein Treffen mit an dessen letzten offiziellen Besuchstag abgesagt. Die libysche Botschaft in Rom gab das traditionelle muslimische Freitagsgebet als Grund für das Fernbleiben an, wie die Nachrichtenagentur ANSA am Freitag meldete. Gaddafis Besuch sollte den Neubeginn der Beziehungen beider Länder festigen.

Laut ANSA hatte der Präsident der Abgeordnetenkammer, Gianfranco Fini, nach einer Stunde Wartezeit entschieden, das Treffen mit Gaddafi abzusagen. Er habe jedoch bis zur offiziellen Bekanntgabe in Abstimmung mit D'Alema noch eine weitere Stunde gewartet, meldete die italienische Nachrichtenagentur. Laut gut informierten Kreisen sprach Fini auch mit Regierungschef Silvio Berlusconi, der Verständnis für die Entscheidung gezeigt habe. Demnach hielt auch Italiens Außenminister Franco Frattini den Schritt für "richtig".

Keine Zusammenarbeit auf Kosten Italiens

Am Freitagvormittag war der starke Mann aus Libyen mit Spitzenvertretern der italienischen Industrie informell zusammengetroffen. Al-Gaddafi versicherte den Unternehmern, dass "Libyen auf dem Energiesektor nicht mit anderen Ländern auf Kosten Italiens ins Geschäft kommen" werde. Italien bezieht etwa zehn Prozent seines Erdgasbedarfs aus Libyen; der italienische Energieriese Eni ist schon seit 1962 in Libyen aktiv. Aus einer weiteren Öffnung der libyschen Wirtschaft für italienische Investoren erhofft sich Italien große Gewinne.

Der erste offizielle Besuch Gaddafis in Italien lief allerdings nicht ohne Kritik ab. Die römische Tageszeitung "La Repubblica" sprach am Freitag von "pittoresken Übertreibungen" und einem "Exzess". So brüskierte der Libyer am Vortag seinen Gastgeber im römischen Senat mit einer anti-amerikanischen Rede. Italienische Medien bezeichneten den Vorfall am Freitag als nicht "tolerierbar", auch wenn die Ansprache Gaddafis wegen des starken Widerstands linker Senatoren nicht im Sitzungssaal stattfinden durfte.

Offiziell endete der Besuch Gaddafis am Freitag. Am Samstag gibt es für den Revolutionsführer, der in einem Luxuszelt im Park der Villa Pamphili nächtigt, und sein Gefolge noch ein privates Programm. (APA/dpa)