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Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank, muss seine Rolle bei der Übernahme von Merrill Lynch durch die Bank of America erklären. Seine Machtfülle ist indes der Politik ein Dorn im Auge.

Foto: AP/Ceneta

Washington/Wien - US-Notenbankchef Ben Bernanke kommt zusehends unter politischen Druck. Für einige, insbesondere republikanische, Abgeordneten des Bankenausschusses im amerikanischen Kongress ist Bernanke vom vielgefeierten Retter des Finanzsystems zum skrupellosen Machtpolitiker abgestiegen - "from hero to zero", wie es in US-Blogs heißt.

Grund der Aufregung ist die Übernahme der Investmentbank Merrill Lynch durch die Bank of America (BoA). BoA war bis dahin fast ohne Schrammen in der Finanzkrise durchgetaucht, musste aber nach der Merrill-Übernahme herbe Verluste aus dem Kreditportfolio der Investmentbank tragen und wurde schließlich vom Staat mit 20 Milliarden Dollar gerettet.

"Mit gezogener Waffe"

Ken Lewis, Vorsitzender des BoA-Vorstandes, musste daher im Bankenausschuss Rede und Antwort stehen. Lewis hat dort zu Protokoll gegeben, von Bernanke sowie dem damaligen Finanzminister Hank Paulson unter Druck gesetzt worden zu sein, den Merrill-Deal trotz Bedenken abzuschließen. Aus dem Protokoll einer Vorstandssitzung geht etwa hervor, dass Lewis die anderen Vorstände davor warnte, die Notenbank sowie das Finanzministerium würden den Vorstand seiner Aufgaben entheben, sollte das Management nicht die Übernahme der angeschlagenen Investmentbank Merrill Lynch beschließen.

Sowohl vonseiten republikanischer und demokratischer Abgeordneten kam Kritik an dieser Vorgehensweise "mit gezogener Waffe". Bernanke und Paulson dürften daher selbst vor den Ausschuss geladen werden. Schließlich geht es auch um konkrete Verstöße gegen das Aktienrecht. Lewis soll den Aktionären die drohenden Milliardenverluste aus der Merrill-Übernahme verschwiegen haben. "Das Finanzministerium und die Fed baten uns, eine solche Maßnahme zu verschieben und brachten Sorgen über die Konsequenzen für das Finanzsystem zum Ausdruck", sagte Lewis.

Die Machtfülle der Fed

Neben den konkreten Anschuldigungen rund um den BoA-Merrill-Deal beschäftigen sich die Gesetzgeber in den USA auch mit neuen Rahmenbedingungen für die Federal Reserve, die US-Notenbank. „Es gibt sehr viele Verhandlungen in Hinterzimmern", kritisiert etwa der Demokrat Edolphus Towns, Vorsitzender des Bankenuntersuchungsausschusses, und bezieht sich auch auf den Notverkauf der Bank Bear Stearns im März 2008. Abgeordneten kritisieren auch, dass die Notenbank ohne Überwachung durch die Politik in der Krise Milliarden in Banken und auch Unternehmen gepumpt hat.

Zahlreiche Gesetzesanträge zur Neugestaltung der Notenbank - insbesondere die Frage, inwieweit die Fed auch für die Bankenaufsicht weitere Kompetenzen erhalten soll - werden derzeit im Repräsentantenhaus geprüft. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.6.2009)