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Milch, Käse und Topfen aus Weißrussland dürfen nicht mehr nach Russland eingeführt werden.

Foto: AP/Liankevich

Minsk/Moskau - Die Beziehungen zwischen Russland und Weißrussland sind auf einem Tiefpunkt angelangt. Die russische Gesundheitsbehörde Rostrebnadsor hat als Reaktion auf Kritik des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko ein Importverbot auf weißrussische Milch verhängt. Rund 1000 Milchprodukte entsprächen den russischen Hygienevorschriften nicht, sagte Gennadi Onitschenko, Leiter der Gesundheitsbehörde. Seit Dezember 2008 gelten in Russland neue Vorschriften für die Beschriftung von Milchprodukten.

Das Verhältnis zwischen Russland und der Ex-Sowjetrepublik hatte sich in den vergangenen Wochen zunehmend verschlechtert. Vor allem die Annäherung Weißrusslands an die Europäische Union sorgt in Moskau für Argwohn. Die EU hatte Weißrussland und fünf weiteren Ex-Sowjetrepubliken Anfang Mai eine engere Zusammenarbeit im Rahmen der "Ostpartnerschaft" angeboten. Russland sieht dadurch seinen Einfluss in den Nachbarländern schwinden.

Das ohnehin schon angespannte Verhältnis wird durch die prekäre finanzielle Lage in Belarus zusätzlich strapaziert. Die ehemalige Sowjetrepublik hat den großen Bruder Russland um eine Finanzhilfe gebeten. Russlands Finanzminister Alexej Kudrin verweigerte jedoch den Kredit in Höhe von rund 355 Millionen Euro mit der Begründung, Minsk solle zuerst seine Finanzen in Ordnung bringen. Kudrin kritisierte etwa, dass Weißrussland seine Gold- und Währungsreserven verschwende.

Die Kritik aus Russland kam beim autokratisch regierenden Lukaschenko nicht besonders gut an. Der weißrussische Präsident warf Kudrin vor, sich mit dem "Abschaum" der Opposition in Minsk zu solidarisieren. In einer weiteren Verbalattacke warnte Lukaschenko Russland vor einem "weiteren Tschetschenien" .

In russischen Zeitungen sagte Lukaschenko, dass Russland die Gewährung des Kredits an die Anerkennung Abchasiens und Südossetiens geknüpft habe. Nach dem Georgien-Krieg im August 2008 hatten die beiden abtrünnigen georgischen Republiken ihre Unabhängigkeit erklärt. Bislang haben nur Russland und Nicaragua diesen Status anerkannt.

Weißrussland hat die Frage der Anerkennung der georgischen Provinzen bereits mehrmals verschoben. Weißrussland wird Abchasien und Südossetien auch künftig nicht anerkennen, sagt der Moskauer Politologe Fjodor Lukjanow. "Wie in allen postsowjetischen Ländern scheut man sich in Minsk davor, den Präzedenzfall einer gewaltsamen Grenzziehung zu legitimieren" , sagte Lukjanow.

Der Importstopp trifft das von der Wirtschaftskrise gebeutelte Weißrussland stark. 80 Prozent des Milchexportes gehen nach Russland. 2008 verdiente die ehemalige Sowjetrepublik mit Milchlieferungen nach Russland rund 700 Milliarden Euro. Bereits in der Vergangenheit dienten Hygienevorschriften Russland als politisches Druckmittel. Importverbote wurden gegen polnisches Fleisch, georgischen Wein und US-amerikanische Hühner verhängt.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow dementierte, dass es sich bei dem Importverbot um Sanktionen gegen Belarus handle. Die Zeitung Kommersant berichtete, dass ein möglicher Kompromiss die Reduzierung von Milchimporten vorsieht. Im Gegenzug soll die Importquote von Topfen und Käse erhöht werden. (Verena Diethelm/DER STANDARD, Printausgabe, 13.6.2009)