Politiker können sich noch so sehr bemühen, nicht an der "Krone" vorbeizuregieren - was hilft es ihnen, wenn auch nur der geringste Verdacht besteht, sie könnten das vom innenpolitischen Lakaien des Herausgebers am Wochenende entlarvte übliche Gesudere der versammelten "Ausländer rein"-Partie samt bestens organisierter, gleichgeschalteter Medienunterstützung doch nicht völlig aus ihren Überlegungen verbannen? Bei Fekter & Faymann ist diese Gefahr zwar kaum gegeben, was sie schutzwürdig macht, einem Landeshauptmann wegen des von ihm angezettelten Steirer-Aufstandes gegen SPÖ-Chef Faymann und in einem Aufwaschen auch gegen die unabhängige "Krone" Dauerprügel garantiert und der Innenministerin einen Liebesbrief Jeannées bescherte, dessen Glut dunkelrote Grüne, linke Ultras und die weltfremden Genossen Gutmenschen erblassen ließ.

Faymann und in einem Aufwaschen die "Krone" - diese Phrase mausert sich allmählich zum geflügelten Wort der Republik. Aber auch Fekter ist fest entschlossen, dem heimatneurotischen Aufwaschzwang nachzugeben, was ihr die Aufmunterung Jeannées bescherte, fahrn S' nur ordentlich hinein und drüber über kriminelle Asylwerber, der "Presse" hingegen für ihre bestens organisierte, gleichgeschaltete Medienunterstützung der versammelten "Ausländer rein"-Partie einen weltanschaulichen Rüffel, der sich gewaschen hatte. Eingereiht unter die üblichen Verdächtigen erfuhr sie, die (lang, lang ist 's her) einmal das Sprachrohr der schweigenden bürgerlichen Mehrheit Österreichs war, wo sie sich heute befindet, nämlich im Strudel der "Meinungsvielfalt", weshalb sie nicht mehr weiß, wofür und wo sie eigentlich steht.

Der Strudel der "Meinungsvielfalt" steht in diesem Land zwar noch nicht auf der Liste verbotener Lebensmittel, ist aber eine Speise, der der Aufwaschtrupp "Krone" schon aus finanzkulinarischen Gründen nichts abgewinnen kann.

Das sollte auch der Titel klarstellen, den ein Leserbriefschreiber am Freitag seinem Leitartikel gab: Die Macht der "Krone" zeigt nur, wie die anderen am Volk vorbeiregieren! Wer braucht denn nun wirklich noch diesen Strudel der "Meinungsvielfalt", wenn der Dalken der "Krone"-Einfalt ohnehin alles enthält, was dem Volk, an dem die anderen vorbeiregieren, zu wissen geziemt?

Was die Entbehrlichkeit des Strudels betrifft, weiß der Dalkenbäcker sehr wohl, wo er sich, jenseits einer gegen demokratiepolitische Kriminalität nur unzureichend geschützten Grenze, Anregungen holt. Ein gewisser Silvio Berlusconi ist ja auch der Meinung, der Strudel der Meinungsvielfalt beschere ihm nur Verdauungsprobleme, weshalb die Macht seiner eigenen Medien nie groß genug sein kann. Kein Zufall daher, dass Hans Dichand dieses Wochenende schon zum vierten Mal bei seiner Melange mit einer Stichwortbringerin im Star-Magazin der "Krone" namens "Live" weltgeschichtliche Betrachtungen zum medienzaristischen Aufwäscher Italiens anstellt.

Am 24. April stellte er neidisch fest: "Der unmögliche Spitzenpolitiker Berlusconi schafft es immer wieder, Mehrheiten zu sammmeln." Bei einem früheren Kaffeekränzchen hatte er noch über Silvio Berlusconis Aussagen und Auftritte den Kopf geschüttelt. Diesmal hatte er eine Erklärung parat. Berlusconi scheint mit allen Problemen auf seine Weise fertig zu werden. Ja, dieser unmögliche Spitzenpolitiker Italiens bringt es immer wieder fertig, Mehrheiten um sich zu scharen. Für uns in Österreich ist das kaum begreiflich, obwohl es doch auch hierzulande an unmöglichen Spitzenpolitikern nicht fehlt.

Am 22. Mai konnte der hiesige Berlusconissimo schon mit der Erkenntnis aufwarten: "Italiener wählten Berlusconi, weil sie gern so sein würden wie er". Auf hiesige Verhältnisse umgelegt die Frage: Wieviele Österreicher haben einen Faymann oder einen Pröll, egal welchen, gewählt, weil sie gern so sein würden wie er? Und wieviele Hans Peter Martin, weil sie sein wollen wie Dichand? Sie blieb ebenso unbeantwortet wie jene: Was soll einem Mann wie Berlusconi überhaupt jemals schaden können? Höchstens Kleinigkeiten. Dass er, einer der reichsten Männer Italiens, auch an Geschenke dachte, ist wohl klar. Seine Frau Veronica, mit der er drei Kinder hat, reichte die Scheidung ein.

Dieser Kollateralschaden beflügelte ihn nur. Letzten Freitag verriet Dichand zur Melange: Berlusconi glaubt, dass er größer als Napoleon sei. Ist aber übertrieben. Kein Zweifel, dass er immer ein ungeheuer routinierter Politiker gewesen ist, aber ein Italiener eben. Und nicht einmal ein Cato.(Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 16.6.2009)