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Grafik: APA

Im Rahmen einer Studie über Computerspielverhalten bei Jugendlichen führte die Sigmund Freud PrivatUniversität Wien (SFU) in Kooperation mit der Ambulanz für Spielsucht der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Befragung von über 1000 Wiener Schülern und Schülerinnen durch.

Süchtig oder abhängig

Die Untersuchung zeigt, dass über 12 Prozent der 14-15 jährigen Befragten ein suchtartiges beziehungsweise pathologisches Computerspielverhalten und davon wiederum 2,7 Prozent eine Abhängigkeit vom Computerspielen aufweisen. Die Zahl der männlichen Betroffenen ist in der Gruppe der pathologischen Spieler ist im Vergleich zu den weiblichen Betroffenen doppelt so hoch. 52% aller Befragten geben an, Spiele zu spielen, die für ihr Alter nicht freigegeben sind. "Die Studie ist ein wichtiger Beitrag zur Forschung im Bereich der Spielsucht, aber auch in Zusammenhang mit jugendlichem Suchtverhalten. Der Fokus in der Sucht- und Drogenhilfe wird mehr und mehr auch auf substanzunabhängige Süchte gelegt, und dazu ist es wichtig, dass die Forschung mit fundierten Ergebnissen die Grundlage dafür schafft", so der Wiener Drogenkoordinator Michael Dressel.

Acht Stunden pro Tag

Pathologische SpielerInnen verbringen im Schnitt mehr als fünf Stunden, abhängige fast acht Stunden pro Tag mit Computerspielen. Dominik Batthyány, Leiter des Forschungsprojekts an der SFU, betont, dass häufiges Spielen allein noch kein ausreichender Hinweis für ein pathologisches Verhalten sei. Kritisch werde es erst dann, wenn gleichzeitig Merkmale süchtigen Verhaltens auftreten. Oft zeigt sich, dass Kinder mit krankhaftem Spielverhalten mit ihrer Lebenssituation überfordert sind und über weniger Strategien zur Bewältigung ihres Alltags verfügen als unauffällige Nutzer und Nichtspieler.

Bewältigungsstrategie

Für viele Abhängige stelle das Spielen eine Art Bewältigungsstrategie oder eine Fluchtmöglichkeit von Problemen in ihrem wirklichen Leben dar, so Batthyány. Betroffene erfahren, dass sie durch ihr exzessives Verhalten schnell und effektiv Gefühle im Zusammenhang mit Frustrationen, Unsicherheiten und Ängsten regulieren bzw. verdrängen und Stress bewältigen können. Virtuellen Spielwelten werden so zum Zufluchtsort vor realen Problemen. Charakteristisch für eine Abhängigkeit sei, dass die Betroffenen die Kontrolle über ihr Verhalten verlieren. Dadurch komme es wie bei anderen Süchten zu zahlreichen Problemen. Nach und nach verändern die Betroffenen ihr Freizeitverhalten. Sie vernachlässigen Schule, Freunde und andere Interessen und leiden bei Entzug unter Nervosität, Unruhe, Verstimmungen und Aggressionen. Das sind dann typische Merkmale von Sucht, so Batthyány.

Negative Auswirkungen

Die pathologisch computerspielenden Jugendlichen unterscheiden sich auch signifikant von nicht-pathologisch Spielenden im Ausmaß des Kommunikationsverhaltens und der Konzentrationsfähigkeit im Unterricht. Computerspielen als Bewältigungsstrategie erschwert das Erlernen und Entwickeln von alternativen Verhaltensmuster und adäquaten Stressverarbeitungsstrategien für kritische Lebenssituationen. Hinzu kommt, dass durch den zeitlichen Aufwand, der eine aktive Teilnahme an manchen Computerspielen erfordert, Erfahrungen, die aus entwicklungspsychologischer Sicht wichtig sind, zu kurz kommen können. Daher ist davon auszugehen, dass ein exzessives Computerspielen im Sinne einer Sucht die psychische und soziale Entwicklung eines Jugendlichen negativ beeinflussen kann, so die Aussendung zur Studie.

Mechanismen zur Spielbindung

Dem erhöhten Abhängigkeitspotential bestimmter Spiele werde bislang kaum Rechnung getragen, kritisiert Batthyány. Altersempfehlungen orientieren sich beispielsweise am Gewaltgehalt eines Spiels, nicht aber an deren Mechanismen zur Spielbindung, an den für den Spielerfolg notwendigen Nutzungszeiten und Ähnliches. Die Altersbeschränkung von 12 auf 18 Jahre für bestimmte Spiele anzuheben, würde dem Suchtpotenzial, den diese Spiele haben, Rechnung tragen. Dies treffe beispielsweise auf Online-Rollenspiele wie "World Of Warcraft" zu.

Nicht grundsätzlich verteufeln

Menschen sollten, so Batthyany, informiert werden, dass diese Spiele potenziell schädlich sind. Den Eltern rät Batthyány, sich über Altersbeschränkungen von Spielen zu informieren (siehe PEGI, USK). Empfehlungen von besonders wertvollen Spielen gebe zum Beispiel die Österreichische Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen BUPP heraus. Darüber hinaus empfiehlt Batthyány Eltern, die Computernutzung ihrer Kinder genau zu beobachten, auf Verhaltensänderungen zu achten und alternative Freizeitaktivitäten zu fördern. Wichtig sei, sich für die Kinder Zeit zu nehmen und mit ihnen darüber zu sprechen, warum sie spielen und was ihnen daran gefällt. Ein Fehler sei, Computer grundsätzlich zu verteufeln. Computerspielen könne auch einfach Spaß machen. Gemeinsames Spielen sei in diesem Zusammenhang durchaus sinnvoll. Tatsächlich könnten Eltern hier viel von ihren Kindern lernen, so Batthyány.(Gregor Kucera, derStandard.at vom 16.6.2009)