Einem heute errichteten Gebäude wird eine Lebensdauer von zumindest 70 Jahren zugesprochen. Wer sich ein Haus baut, tut das also sehr oft für den gesamten Rest seines Lebens. Doch während heutige Häuslbauer oft sehr gut die reinen Baukosten mit etwaigen Mietkosten bis an ihr Lebensende gegenrechnen können, wird den Betriebskosten eines Hauses nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Dabei ist das bei näherem Hinsehen das Gebot der Stunde: Untersuchungen haben gezeigt, dass die reinen Errichtungskosten eines Gebäudes, umgelegt auf die Nutzungsdauer, bloß einen sehr kleinen Anteil von 10 bis 15 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Der große Rest wird im Lauf der Zeit für Erhaltung und Betrieb gezahlt.
Energieverbrauch interessiert wenig
Dennoch sind die Lage und die Anschaffungskosten weiterhin die alles bestimmenden Faktoren bei der Suche nach einem Eigenheim, der Energieverbrauch noch immer kein großes Thema - "traurigerweise", sagt Michael Pech. Er ist Vorstand des Österreichischen Siedlungswerks, eines der größten Bauträger Österreichs, das gerade in der Lobaugasse in Wien-Donaustadt eine Siedlung mit 91 Kleingartenhäusern baut. Diese bestehen aus vorgefertigten Holzelementen, haben unter anderem wassersparende Armaturen und Spülelemente eingebaut und erreichen Niedrigenergiestandard.
Das Interesse an den bis zu 83 Quadratmeter großen Miethäusern mit Kauf-Option sei "gigantisch", so Pech: "Die Hälfte der Häuser wurde schon im Rohbau vergeben." Vergangene Woche gab es die Gleichenfeier, ein paar Häuser sind bis dato noch zu haben.
Energieausweis könnte Umdenken bringen
Allerdings, so Pech: "Als erstes schauen die potenziellen Bewohner auf die Lage und den Anschaffungspreis" - die günstigen späteren Betriebskosten seien noch immer kein sehr großes Verkaufsargument. "Irgendwann werden sich die Leute aber fragen: Was kostet mich die Wohnung?" Nicht zuletzt der Energieausweis werde diese Entwicklung beschleunigen, ist sich Pech sicher. Seit 1. Jänner 2009 muss ja für alle Häuser, die verkauft oder vermietet werden, ein solcher Energieausweis vorgelegt werden.
Die Bewohner der Lobaugasse werden allesamt vom Erdgeschoß ihrer Häuser aus über eine Terrasse in den eigenen, bis zu 329 Quadratmeter großen Garten gehen können. Der Wunschtraum von drei Vierteln aller Österreicher, ein eigenes Haus mit Garten, kann somit Realität werden.
Dass das Eigenheim aber die mit Abstand beliebteste Wohnform ist, macht es noch lange nicht zur nachhaltigsten. Unbestritten ist nämlich, dass durch freistehende Einfamilienhäuser nicht nur der unschönen Zersiedelung Vorschub geleistet wird, sondern auch einer regelrechten Verschwendung von Bauland. Vor allem was die Lage in Westösterreich betrifft, schlagen Experten bereits Alarm: Hier müsse mit einer Neuregelung der Bebauungspläne schleunigst eingegriffen werden.
Gemeinden am Ruder
"Die Gemeinden müssen mehr geschlossene Bebauung fordern", sagt der niederösterreichische Architekt Leopold Dungl. Er ist ein Vorkämpfer für den so genannten "verdichteten Flachbau", der als ideale Alternative zur Einfamilienhaus-Siedlung gilt.
Im so genannten "Verbund" zu bauen, also Reihenhäuser oder im Block angeordnete Ein- bzw. Mehrfamilienhäuser mit gemeinsamer Außenmauer; spart bis zu einem Viertel oder gar einem Drittel an Heizenergie - ganz zu schweigen davon, dass die Grundstücks-Erschließungskosten für die jeweiligen Gemeinden nur halb so hoch sind wie bei einer Siedlung mit freistehenden Einfamilienhäusern.
Widerspruch
Dieses nimmt für Dungl nicht nur viel zu viel an Fläche weg, sondern es widerspricht seiner Ansicht nach auch dem dahinter stehenden Wunsch nach möglichst großer Abgrenzung von den Nachbarn: Nach allen Seiten offene Hausgärten böten nämlich nicht wirklich viel Schutz vor neugierigen Blicken. Im Gegensatz dazu könne man Reihenhausanlagen sehr leicht so planen, dass durch eine versetzte Anordnung allen Wohneinheiten eine uneinsehbare Freifläche zugeordnet wird.
Im wenig vorhandenen Interesse an der Energieeffizienz unter potenziellen Hauskäufern erkennt Dungl, der auch Mitglied im Gestaltungsbeirat des Landes Niederösterreich ist, ein "kleines Pflänzchen, das einiges an Wachstum verspricht". Nachhaltigkeit sei noch kein so großes Thema, dass sich damit Wohnungen verkaufen lassen. Die strenger werdenden gesetzlichen Normen, Stichwort Bauordnungen, und Maßnahmen wie der Energieausweis trügen aber dazu bei, "dass das Wissen beim Verbraucher zunimmt". Es sei ein langsamer Prozess im Gange, der ihn "vorsichtig optimistisch" stimmt, dass ein baldiges Umdenken in den Köpfen hin zu mehr Nachhaltigkeit beim Bauen Einzug hält. (map, derStandard.at, 16.6.2009)