Am Dienstag trafen sich die Wiener Exil-Iraner zu einer Demonstration gegen die Wahl im Iran. Treffpunkt war der Heldenplatz, von wo sich der Demonstrationszug in Richtung iranische Botschaft bewegte.

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Die Teilnehmer wollten ihre Solidarität mit den Demonstranten im Iran bekunden.

Der 32-jährige Kambiz lebt seit 26 Jahren in Österreich und ist mit einer Wienerin verheiratet. Gemeinsam mit seiner Mutter nahm er an der Demo teil. Für ihn ist der Wahlbetrug offensichtlich. "Das Ahmedi-Nedjhad mit so einem großen Vorsprung gewinnt, ist einfach unmöglich." Die Stimmung im Land sei ganz anders, wie er sich von seinen Verwandten über das Internet erzählen hat lassen.

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Moussavi ist für Kambiz zwar nicht ein Demokrat nach westlichem Vorbild, aber wenigstens stehe er für eine Öffnung des Landes. "Die Leute setzten in Moussavi die Hoffnung, das es besser wird. Jetzt sind alle so enttäuscht, dass sich das Volk zum ersten Mal traut, seinen Unmut offen zu artikulieren. Das ist das größte Ereignis im Iran seit dreißig Jahren, seit der Revolution."

Wie im Iran waren es auch in Wien mehrheitlich Jüngere, die auf die Straße gingen.

Pedram (Mitte, 22) und Ramyr (Rechts, 20) haben täglich kontakt zu ihren iranischen Verwandten. "Unsere Landsleute haben gewählt und sind betrogen worden. Jetzt wollen sie wissen, was mit ihren Stimmen passiert ist und werden dafür geschlagen und umgebracht."

Beide hoffen, dass die Regierung durch die Proteste gezwungen wird, endlich wirkliche Veränderungen zuzulassen. Pedram: "Seit zehn Jahren war ich nicht mehr in meinem Heimatland. Wieso muss ich hier sein? Ich möchte in ein freies Land zurückkehren können!"

Auf dem Weg zur Botschaft skandierten die Teilnehmer ständig Slogans: "Azadi, Azadi" - Freiheit, Freiheit" oder "Mag bar Diktator" - "Nieder mit der Diktatur"

Die 20-jährige Nazanin verließ mit sieben Jahren den Iran. Den Kontakt zu ihren Verwandten hält auch sie aufrecht. "In den vergangenen Tagen ist es aber viel schwieriger geworden, weil das Regime den Internetzugang eingeschränkt hat." Für sie herrscht im Iran zur Zeit "totales Chaos, was dort passiert ist wie ein Ausbruch."

Sie ist überzeugt davon, dass die Regierung nicht mehr ihren alten Kurs weiterfahren kann, wenn das Volk so weiter macht. "Es wird sich viel ändern. Moussavi wird Präsident werden."

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Im Laufe der Zeit stieg die Anzahl der teilnehmer immer weiter an. Für alle stand fest, dass die Wahl getürkt sein muss. "Alle Exil-Iraner sind gegen Ahmedi-Njedhad. Oder haben sie irgendwo auf der Welt von einer Pro-Ahmedi-Nedjhad-Kundgebung gehört", sagte einer, der seinen Namen nicht in den Medien lesen wollte.

Viele Teilnehmer verdeckten ihr Gesicht. Sie fürchteten sich vor dem dem iranischen Geheimdienst. "Als Österreicher kann man sich das nicht vorstellen." Angst haben sie davor,  nicht mehr einreisen bzw. nicht mehr ausreisen zu dürfen.

Auch Farzad will sich nur mit verdecktem Gesicht fotografieren lassen. Seit zehn Jahren lebt er in Wien. Auch er will mit seiner Teilnahme seine Solidarität zeigen. Er wünscht sich für den Iran freie Wahlen und eine freie Gesellschaft. "Das wird auch kommen." Dann will er in den Iran zurückkehren.

Ahmadi-Nedjhad ist für die Jungen neben allen demokratiepolitischen Kritikpunkten "einfach peinlich". Er blamiere das Land, und jetzt kann ihn nicht mal ein Wählervotum zum Rücktritt zwingen.

Vor der iranischen Botschaft angekommen, ging die Demonstration friedlich weiter. Auch hier wurde gesungen. "Freie Wahlen - Freie Menschen" und "Weg weg weg - Die Mullahs müssen weg" skandierten sie, aber auch Studentenlieder, die vor elf Jahren bei der Studentenrevolte gesungen wurden und seitdem symbolischen Charakter für die Opposition haben - den Text kannte fast jeder. (Text und Fotografie: Christoph Böhmdorfer, derStandard.at, 17. 6. 2009)