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Enge Stiegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit, sich dreckig zu machen, motivieren nicht gerade dazu, das Rad jeden Tag treppauf-treppab zu schleppen.

Zumindest solange sie nicht drei Kinder oder Architekturmodelle plus Großfamilienwochenendeinkauf transportieren müsse. Also eh meistens.

Im Prinzip, wiederholt K. - und seufzt. Dann fragt sie, ob ich Bremsen und Schaltung einstellen und Patschen flicken könne. Außerdem müsse ich ihr Rad aus und in den Keller schleppen. Mehrmals täglich. Wegen der Hausverwaltung: Die dulde keine Räder im Stiegenhaus. Auch nicht auf dem Gang. Und der Hof gehört der Klopfstange, die keiner verwendet: Wer sein Rad dranhängt, riskiert eine Besitzstörungsklage. Aber wenn K. ihren Besitz vor dem Haus anhänge, werde er auch gestört. Nachhaltig.

Bliebe der Keller: enge Stiege, feuchter Boden. Aber sie sei zu schwach, das Rad täglich zu schleppen. Außerdem mache sie sich ungern dreckig. Apropos Dreck und Pannen, setzt K. fort: Dass sie beim Auto Öl nicht selbst wechselt und Scheibenwaschwasser der Tankwart nachfüllt, akzeptiere jeder. Aber jeder erwarte, dass Bürobiker im Anzug und Office-Radlerinnen mit gemachten Fingernägeln Reifen und Schaltung selbst servicieren.

In den Fahrradläden, sagt K, verstehe man sie. Im Prinzip. In der Praxis sei man aber überlastet: Zwei Wochen für Kleinreparaturen oder Service wären normal. Nicht aus Unwillen - aus Fachkräftemangel. Denn Radmechaniker sind rar: Die alten, mit den kleinen Betrieben sterben aus. Und in den 80er-Jahren wurde der Lehrberuf abgeschafft. Mangels Bedarfes: Wer fährt schon Rad?

All das, sagt K., räche sich nun: Steht ein Rad einmal im Keller, bleibt es dort. Wurscht, wie viele Radwegkilometer Politiker mit großen Worten eröffnen. Weil Radfahren schlau ist. Im Prinzip. (Thomas Rottenberg/DER STANDARD/Automobil/19.6.2009)