Endlich, Italien. An Arnoldstein vorbeigerollt, Grenze passiert. Italien? Hunger! So jedenfalls mein Reflex, wie Schmeck's-Leserinnen und -Leser mutmaßlich nicht überrascht. Nur: Wohin im Kanaltal mit diesem Problem?
Hallwag lässt mich nicht ohne die aktuelle, deutsche Ausgabe des Slowfood-Führers Osterie d'Italia nach Süden tschundern, was ich wiederum sehr verantwortungsvoll und zuvorkommend finde*. Die allererste Adresse in der Schmeckerschwarte lautet Malborghetto-Valbruna, Via Bamberga 19, also Antica Osteria da Giusi. Nach dieser Adresse richten Menschen, die auch gerne nach Italien essen fahren, ihre Abfahrtszeit von Wien aus. Behauptete jedenfalls Hannes, der diese Menschen kennt und ihnen Geschmack nachsagt, mit einigem Nachdruck.
Am Lago, links
Also hab ich's probiert, in der Osteria da Giusi, vor Jahren schon, und war nicht so begeistert von Jägerschnitzel & Co (sowas hab ich jedenfalls noch in Erinnerung), und fand alles ein bisschen sehr schwer damals, auf der Rückreise, mit dem Motorrad, aus Umbrien. Vielleicht war ich auch einfach schon ein bisserl müde.
An dieser Stelle sollte man nicht zu lange über Umbrien, eine anständige, dunkelblaue Ducati ST2 und Jägerschnitzel nachdenken, sonst rauscht man nämlich vorbei. Woran? Bordano-Interneppo. Alla Terrazza.
Sie kennen doch sicher den Lago dei Tre Communi, ich meine, nicht unbedingt namentlich, aber Sie sind sicher schon (wie ich) ein paar Dutzend Male drüber hinweggerauscht. Die Berge treten da gerade ein Stück zurück (für den See), von Österreich kommend rechts oben auf dem Hügel/Felsen ein paar Gebäude über einem Ort. Genau auf diesen See und die Autobahn schauen Sie von der Terazza in Bordano-Interneppo. Und wenn Sie das tun, freuen Sie sich auf den bevorstehenden Anblick in ihrem Nahbereich.
Bruta
Ich meine jetzt nicht unbedingt Frau Bevilaqua sen., die Wirtin. Auch wenn die gute Frau mit der Selbstbeschreibung "bruta" doch eindeutig übertreibt, als ich frage, ob ich sie fotografieren darf. Aber da hatten wir den erfreulichen Nahbereich schon hinter, beziehungsweise in uns. Der Reihe nach.
Von Monfalcone, vom Schifferlfahren mit dem Glu und der Reißerischen (es lag auch an uns, dass das Boot eher am Liegen als Fahren war), wieder an Land, auf dem Rückweg, Sonntagmittag - Hunger! Ich reservier' ja immer gern, aber das Alla Terrazza liegt doch praktisch am Weg, und überhaupt, so eine abgelegene Wirtschaft, am Sonntag um 12.30, 13 Uhr. Denkste: rappelvoll der (gar nicht so kleine) Speisesaal, auch schon Tische um die Rezeption besetzt, halbe Stunde warten. Machen wir. Wo wir schon da sind.
So schwer kann Spargel sein
Frau Bevilaqua ist nicht nur laut Eigendefinition "bruta" (das wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht), sondern, wie sich das im Landgasthaus gehört, sie ist auch die Speisekarte. Schinken für mich, aus Sauro, wenn ich das richtig verstanden hab, der Osteriaführer sagt Sauris, egal, schon einmal sehr vernünftiger Einstieg, und eine ganz gute Unterlage für den Hauswein in Weiß und Rot (keine Offenbarung, aber was soll's, Hauswein halt).
Der fleisch- und fischlose Einstieg an meiner Seite entpuppt sich als Steilvorlage jenseits aller Unterlagsgrenzen: Spargel mit Spiegelei alla Parmigiana. Schwer, einfach, aber einfach gut. Da ginge auch ein Liter vom Hauswein ohne Folgewirkungen drauf. Vor allem, wenn der Käse alla Piastra folgt, vom Herd wörtlich, ich tät ja sagen gegrillt, aber da grillt mich sicher wieder ein Poster. Mit Polenta. Nicht gerade das Lightmenü.
Dicke Pilze
Ich denk mir, noch gut, dass ich mich für die Tagliatelle mit Pilzen entschieden hab und nicht für so eine Gewaltportion, kommen sie, leiderleider, mit einer sehr, sehr dicken, cremig-obersigen Sauce von großer Schwere. Das ist keine artgerechte Haltung (aber immerhin nicht paniert!). Waren aber eigentlich schon okay.
Sodala, jetzt sind die übrigen Gäste versorgt, haben bezahlt, sind draußen oder schon weg, die Küche wird schon hörbar geputzt, und wir sitzen noch immer da. Frau Bevilacqua kann natürlich nicht damit rechnen, dass der Fidler nach den dicken Pilznudeln noch Kapazitäten hinter seinem Waschbärbauch frei hat und Secondo will.
Roh ohne Reue
Natürlich hat die Dame auch dafür eine Lösung: Roastbeef auf Rucola, kalt, aber sehr, sehr gut, empfiehlt sie mit Nachdruck (was ich auf die Uhrzeit zurückführe). Aber: Die Frau hat Recht. Ich weiß zwar nicht, wie übrigen Secondi ausgesehen hätten (schau ich mir das nächste Mal an), aber diesen Haufen ziemlich rohen Fleisches hätt ich echt nicht versäumen wollen. Und 47 Euro für zwei Personen, fünf Gerichte, bisschen Hauswein, Wasser und Kaffee, rechtfertigen den Ortsnamen keineswegs.
Da capo, Venzone!
Ein Stück weiter hinein ins Italienische, von Interneppo, wieder auf der Autobahn zum Beispiel und dann schon nach der panoramischen Bergwertung, war ich schon einmal sehr glücklich. (Schnitt, 20 Minuten später). Ich hatte mir fest eingebildet, dass ich über die Locanda al Municipio in Venzone schon geschrieben habe (Danke, Susanne, für den Hinweis damals!). Meine Zufriedenheit über meine (schwache Erinnerung) Pilznudeln und Wild-Filet. Meine Begleitung aß damals (nach meinem optischen Gedächtnis) Nudeln mit viel Grünzeug, klang auch sehr zufrieden. Sorry, aber ich war sicher, dass hätt ich schon einmal geschrieben. Notizen? Puh. (Schnitt, 5 Minuten später). Notizen ja, Italienreisen ohne Ende. Aber ohne Venzone. Muss ich noch einmal probieren. Das ist doch eine erfreuliche Erkenntnis.
PS: Im Juli sortier' ich wirklich alle Italien-Einträge in dieser Rubrik, versprochen!
* Dieses Product Placement erlaub' ich mir: Ich hab den Osteriaführer schon über den grünen Rucola gelobt, als ich ihn mir regelmäßig selbst gekauft hab, um (meist hoch) zufrieden durch Italien zu kommen. Jetzt darf ich auf Rezensionsexpemplare hoffen, und mach einfach so weiter wie bisher, zufrieden kauend nämlich.