Schon Ende Mai, als US-Vizepräsident Joe Biden Sarajevo besuchte, war klar, dass endlich Bewegung in die festgefahrene Lage in Bosnien und Herzegowina kommen würde. Und zwar von außen angeregt und, wenn nötig, auch durchgesetzt. Biden kündigte nämlich ein neues US-Engagement für das europäische Sorgenkind an und identifizierte gleich den Verantwortlichen für den Reformstau: die serbische Entität Republika Srpska, die den Aufbau eines funktionierenden Zentralstaates blockiert, was eine Voraussetzung für die europäische Integration des Landes wäre.

Die USA akzeptierten die Ernennung des Österreichers Valentin Inzko zum Bosnien-Beauftragten erst, nachdem dieser zugestimmt hatte, die praktisch unbegrenzten Befugnisse des Amtes notfalls auch einzusetzen. Indem er es jetzt getan hat, zeigte Inzko die Bereitschaft, Bosnien nach den Vorstellungen der einen, bosniakischen, gegen den Willen der anderen, serbischen Volksgruppe unter allen Umständen EU-tauglich zu machen. Bosnische Serben kündigten eine heftige Verteidigung der im Abkommen von Dayton garantierten Eigenstaatlichkeit der Republika Srpska an.

Biden stellte allerdings bei seinem Besuch in Belgrad sicher, dass sich Serbien bei einer Disziplinierung der bosnischen Serben nicht einmischen würde. Im Gegenzug kann Belgrad auf finanzielle und politische Hilfe der USA zählen. Entsprechend zurückhaltend sind die offiziellen serbischen Reaktionen. Belgrad zieht seine staatlichen den sogenannten nationalen serbischen Interessen vor und überlässt die bosnischen Serben sich selbst. Und das ist ein Fortschritt. (Andrej Ivanji, DER STANDARD, Printausgabe, 22.6.2009)