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Eigenständig kritisieren oder mit der Volkspartei im Dienste des Landes kooperieren? Kein einfaches Abwägen für SPÖ-Spitzenkandidatin Heidemaria Onodi
In Zukunft werde es darum gehen, Wohlstandsunterschiede zwischen den niederösterreichischen Regionen auszugleichen, meinte sie im Gespräch mit Irene Brickner.
STANDARD: Wie führt man als SPÖ-Spitzenkandidatin Wahlkampf in einem Bundesland, wo die ÖVP laut Umfragen die absolute Mehrheit erreichen könnte?
Onodi: Den Wahlkampf führen wir genau so, wie wir unsere Politik verstehen, nämlich im Gespräch mit den Menschen. Indem wir Informationen geben, indem wir darauf aufmerksam machen, was unsere Ziele sind.
STANDARD: Lastet die mögliche absolute ÖVP-Mehrheit über Ihrem Wahlkampf?
Onodi: Schauen Sie, wir arbeiten schon seit Jahrzehnten in der Landesregierung mit. Wir haben Verantwortung im Gemeinde-, im Wohnbau-, im Schul- und Kindergarten- und im Gesundheitsressort. Das heißt: So wie Niederösterreich derzeit dasteht - also wirklich gut -, ist es auch unser Verdienst, und nicht der Verdienst eines Einzelnen.
STANDARD: Ist das zwischen SPÖ und ÖVP bestehende Arbeitsübereinkommen für Ihre Partei nicht ein Dilemma? Sie kooperieren mit der im Lande mächtigen Volkspartei, der Sie auf der anderen Seite Stimmen wegnehmen möchten.
Onodi: Als ich vor zwei Jahren Landeshauptmannstellvertreterin wurde, sagte ich: "Arbeitsübereinkommen ja - aber mit einer fairen, eigenständigen Partnerschaft." So haben wir in den letzten zwei Jahren unsere Politik verstanden.Und wir haben es auch bewiesen: Etwa indem wir dem Zusperren der Bezirksgerichte, der Gendarmerieposten keine Zustimmung gegeben haben. Und es hat auch einige Initiativen im Landtag gegeben, wo wir anderer Meinung waren.
STANDARD: Wen in Niederösterreich will die Sozialdemokratie eigentlich ansprechen: Sind es die Menschen in den traditionell rot regierten Städten, sind es Menschen in ländlichen Gebieten? Sollen - wie es im Rahmen der SP-Initiative Pro NÖ angeklungen ist - ganz neue Wählerschichten gewonnen werden?
Onodi: Wir Sozialdemokraten haben uns vorgenommen, dort einzutreten, wo den Menschen der Schuh drückt. Das ist, wo Sorgen sind: bei der Arbeitslosigkeit, vor allem jener Jugendlicher, und im Gesundheitsbereich. Wir haben ein gutes Gesundheitssystem, aber wir wollen es verbessern. Und wir engagieren uns auch für die EU-Erweiterung, weil die ein Friedensprojekt ist - versuchen, den Menschen die Ängste zu nehmen.
STANDARD: Für all das tritt die Volkspartei auch ein. Worin liegt der Unterschied zwischen dem Angebot der ÖVP und dem Angebot der SPÖ?
Onodi: Nur habe ich den Eindruck, dass die Volkspartei es nicht tut, weil dort Selbstzufriedenheit, Auf-die-eigene-Schulter-Klopfen und Sich-Zurücklehnen herrschen. Wir Sozialdemokraten aber sagen: Momenterl, es macht einen Unterschied, in welcher Region man wohnt. Es gibt - etwa im Wein- und im Waldviertel - verschiedene Lebensqualitäten, und die Politik muss entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, um den Wohlstand anzugleichen. Ganz in diesem Sinne war es eine unserer Initiativen, Gemeinden mit hoher Abwanderung durch finanzielle Unterstützung zu helfen.
STANDARD: Sie sind als Frau die erste SPÖ-Spitzenkandidatin in einem niederösterreichischen Wahlkampf. Welche Rolle sehen Sie für sich? Jene der Landesmutter wie Waltraud Klasnic in der Steiermark?
Onodi: Ich setze mich einfach für die Anliegen der Menschen ein, Politik ist ein Miteinander, eine Gestaltung zum Wohle aller. Ich werde versuchen, gegen Ungerechtigkeit jeglicher Art vorzugehen, ob das jetzt im Bereich der Frauen ist oder von Behinderten oder von älteren Menschen.
STANDARD: Hat diesbezüglich Ihrer Wahrnehmung nach die bundespolitische Situation Einfluss auf den Wahlkampf in Niederösterreich?
Onodi: Einerseits unterscheiden die Menschen genau, ob es sich um Bundes-, Landes-oder Gemeinderatswahlen handelt. Andererseits sind sie von der Situation im Bund schon verunsichert, das macht vor Niederösterreich nicht Halt. Ich habe kürzlich beim Arbeitsmarktservice in Zwettl einen 53-Jährigen getroffen, der gesagt hat, wo immer er sich um einen Job hinwendet, heißt es, er sei zu alt. Und jetzt - sagen die Leute - wird das Pensionsalter erhöht: Wie soll das gehen? Das ist einfach ein Unsicherheitsfaktor, so wie die geplanten Selbstbehalte beim Arzt. Mit denen hält man Leute mit kleineren Einkommen davon ab, den Arzt zu besuchen: Een falscher Weg.
STANDARD: Wird sich diese Verunsicherung auch auf das Wahlergebnis in Niederösterreich auswirken?
Onodi: Ob auf das Wahlverhalten direkt, weiß ich nicht. Aber ich merke schon, dass die Menschen Sorgen haben.
STANDARD: Welches Ergebnis wäre für Sie und die Sozialdemokratie ein Erfolg?
Onodi: Ich bin überzeugt davon, dass wir dazugewinnen. Damit werden wir uns stärker für unsere Ziele und unsere Versprechen einsetzen können. Das ist mir wichtig.(DER STANDARD Print-Ausgabe, Mittwoch, 19. März 2003)