Kennt jemand das Lamm, dessen Fleisch einen so köstlichen Braten abgegeben hat? Kennen wir das Ferkel, das wir als Spanferkel verputzen? Oder das Rind, dessen Fleisch als Tafelspitz auf unseren Teller kommt? Natürlich nicht. Wir wollen es auch nicht kennen, irgendwie widerstrebt es den meisten Menschen, persönliche Bekanntschaft mit den Lebewesen zu machen, die sie zu verspeisen gedenken. Gut schmecken soll es halt - und unser Gewissen nicht allzu sehr belasten -, glückliche Hühner hätten wir gerne, auch glückliche Schweine und Rinder.

Das alles bitte zu möglichst günstigen Preisen. Die Landwirtschaft hat darauf marktkonform reagiert, immer weniger Bauern produzieren immer effizienter: Lebten im Jahr 2000 erst 12.680 Rinder in Betrieben mit mehr als 200 Artgenossen, so waren es im Vorjahr bereits 35.097. Und eine durchschnittliche Kuh gibt heute 42 Prozent mehr Milch als noch Mitte der Neunzigerjahre. Man darf hoffen, dass diese Kühe irgendwie glücklich sind - vor allem sind sie aber radikal auf Leistungsfähigkeit selektiert.

Züchtung spielt eine große Rolle - Klonen von besonders leistungsfähigen Tieren könnte den Effekt noch verstärken. Das würde tierische Produkte in konstanter Qualität sichern - etwa Schnitzel mit identischer Faserung, standardisiertem Fettanteil und genormtem Geschmack.

Ob das auch schmeckt? Bei der Wurst wird uns das wurscht sein. Und für Gourmet-Essen wird man ohnehin auf spezielles Fleisch spezieller Tiere aus speziellen kleinen Herden zurückgreifen. (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 23.6.2009)