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Steve Jobs gilt als Kontrollfreak, dementsprechend überwacht werden offenbar auch die Mitarbeiter und die Informationen, die nach außen gelangen. (Bild: Szene aus einer Folge von The Simpsons)

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Der Konzern aus Cupertino gibt sich immer cool und geheimnisvoll. Dabei verschließt er sich allerdings vollkommen dem Trend mit der Öffentlichkeit etwa über Blogs in Kontakt zu treten, wie es andere Unternehmen tun. Liegt darin Apples Erfolgsfaktor oder rächt sich die Geheimniskrämerei irgendwann?

Gerüchteküche

Um kaum ein anderes Unternehmen kursierend laufend derart viele Gerüchte wie um Apple. Presseanfragen zu künftigen Produkten werden grundsätzlich mit "kein Kommentar" abgewiegelt. Gerüchteblogs über Apple gibt es haufenweise, die alle über diverse Insider-Quellen mit den neuesten Informationen aus dem Konzern versorgt sein wollen. Und nicht selten bewahrheiten sich die Gerüchte, die über Seiten wie MacRumors oder AppleInsider verbreitet werden.

Firmenparanoia

Doch wer diesen Blogs Insider-Informationen zuspielt, geht bei Apple ein hohes Risiko ein. In der Vergangenheit wurden Mitarbeiter immer wieder entlassen, die Informationshappen an die Außenwelt dringen ließen. Bei Apple werde jeder extrem paranoid, was die Sicherheit angeht, meint ein ehemaliger Apple-Mitarbeiter gegenüber der New York Times. So etwas habe er in noch keinem anderen Unternehmen gesehen.

Jobs Gesundheitszustand

Die Geheimniskrämerei um den Gesundheitszustand des CEOs Steve Jobs hat aber auch für Apple-Begriffe eine neue Qualität erreicht. Jobs hatte im Jänner bekannt gegeben, sich für sechs Monate von der Unternehmensspitze zurückzuziehen. Aufgrund einer Hormonstörung habe er stark an Gewicht verloren, was im vergangenen Jahr zu heftigen Spekulationen geführt hatte, dass sein eigentlich besiegter Bauchspeicheldrüsenkrebs wieder zurückgekehrt sei. Die Börse reagierte dementsprechend geschockt.

Lebertransplantation? Hormonstörung?

Nun wurde vor wenigen Tagen bekannt, dass sich Jobs offenbar vor zwei Monaten einer Lebertransplantation unterzogen hatte. Das berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf informierte Kreise. Ein offizielles Statement von Apple oder Jobs selbst dazu ist bislang ausgeblieben. Der Apple-Chef soll wie geplant Ende Juni in den Konzern zurückkehren, heißt es nur aus Cupertino. Mittlerweile hat sich Jobs via Presseaussendung zurückgemeldet. Ein Statement zu seinem Gesundheitszustand gab er darin freilich nicht ab, sondern kommentierte die Verkaufszahlen des neuen iPhone 3GS.

Personen, die in Medien gerne über Jobs Wohlbefinden dozieren, gibt es freilich mehrere - unter anderem der Firmenmitgründer Steve Wozniak. Es ist aber stark anzuzweifeln, dass Jobs tatsächlich mit Wozniak über seinen Gesundheitszustand plaudert. Es bleibt unklar, wie es tatsächlich um Jobs Gesundheit bestellt ist.

Rote Alarmleuchten

Apples Vorgehen legt zwar nahe, dass die Geheimnistuerei eine ausgeklügelte Kommunikationsstrategie ist, um sich eine mysteriöse und coole Aura aufrechtzuerhalten, die sich in einem medialen Hype und ausgeprägtem Fankult niederschlägt. Doch offenbar steht dahinter nicht nur eine Informationspolitik nach außen. Laut NYT herrschen auch im Konzern höchste Sicherheitsvorschriften für Mitarbeiter, die an neuen, geheimen Produkten arbeiten. Das reiche von zahlreichen Sicherheitstüren mit Codeeingabe bis zu einer rigorosen Videoüberwachung der Arbeitsplätze. Mitarbeiter, die neue Produkte testen, müssten diese für alle anderen mit schwarzen Decken abschirmen und rote Warnlichter einschalten, sobald die Produkte offen zu sehen seien. Oft seien die Mitarbeiter bei neuen Produktankündigungen ebenso überrascht wie die Öffentlichkeit.

Mitarbeitern Fallen stellen

Apples Paranoia geht offenbar so weit, dass Mitarbeitern absichtlich falsche Informationen über neue Produkte mitgeteilt werden, nur um zu sehen, ob diese Informationen an die Medien weitergegeben werden um die Quelle ausfindig zu machen. Auch gegen Blogger, die über Firmengeheimnisse berichtet hatten, war der Konzern in der Vergangenheit rechtlich vorgegangen.

Überraschungseffekt

Der Ursprung für Apples Paranoia sei auf die Ankündigung des ersten Macintosh zurückzuführen, von dem Rivalen wie Microsoft und Sony schon erfahren hatten, bevor der Rechner vorgestellt worden war, meint ein Marketing-Experte gegenüber der NYT. Apple sei seither sehr darauf bedacht, den Überraschungseffekt bei Produktankündigungen zu bewahren. Die Geheimniskrämerei um neue Produkte scheint aufzugehen.

Unternehmensschädigend?

Ob gleiches für Steve Jobs Gesundheit gilt, ist allerdings anzuzweifeln. Denn während es einerseits natürlich eine sehr persönliche Angelegenheit für Jobs ist, wurde in den vergangenen Monaten immer wieder die Frage aufgeworfen, ob sein Schweigen nicht vielleicht unternehmensschädigend ist. Denn auf den Überraschungseffekt einer neuerlichen, ernsthaften Erkrankung des Unternehmenschefs können die Shareholder vermutlich verzichten. Für ein Unternehmen bedeutsame Informationen müssen veröffentlicht werden. Und da Apples Geschicke als untrennbar mit Steve Jobs verbunden gelten, befürchten viele, dass das Unternehmen ohne Jobs kopflos wäre. Ungeachtet des eingeschworenen Teams zu dem unter anderem auch COO Tim Cook und Marketingchef Phil Schiller zählen.

Gute und schlechte Nachrichten

Eine verbindliche Regelung für börsennotierte Konzerne in den USA, die Börsenaufsicht SEC über ernsthafte Erkrankungen des Unternehmenschefs zu informieren, gebe es laut Business Week allerdings nicht. Unklar bleibt, woher das Wall Street Journal von der Operation erfahren hat. Und bei Apples undurchdringlicher Kommunikationspolitik sei es auch denkbar, dass der Konzern selbst die Informationen der Presse zugespielt habe, um ein offizielles Statement zu umgehen. Und immerhin seien die schlechten Nachrichten durch die Meldung des guten Verkaufserfolgs des iPhone 3GS ausgeglichen: Apple hat nach eigenen Angaben bereits über eine Million neue iPhones verkauft. (Birgit Riegler/ derStandard.at, 23. Juni 2009)