New York/Korfu - Die iranischen Basij-Milizen terrorisieren nach Augenzeugenberichten Einwohner von Teheran und anderen Städten, die nachts auf ihre Dächer steigen und Slogans wie "Gott ist groß" rufen. Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auf ihrer Webseite am Freitag berichtete, dringen die regimetreuen Paramilitärs in die Häuser ein, schlagen die Bewohner zusammen und feuern Schüsse in die Luft ab. Satellitenschüsseln würden konfisziert, damit die Besitzer keine Auslandssender mehr empfangen können.

Ein Bewohner des Stadtteils Vanak im Norden Teherans berichtet laut der Organisation: "Am 22. Juni haben wir auf den Dächern "Allahu Akbar - Gott ist groß" gerufen, weil wir nur noch so protestieren können, da stürmten die Basij die Nachbarschaft und feuerten Schüsse in die Luft ab - in die Richtung, in der sie die Rufer vermuteten." Kurz darauf sei sein Cousin völlig aufgelöst zu ihm in die Wohnung gekommen und habe berichtet, die Basij hätten sein Haus gestürmt und Türen demoliert. Auch vor den Häusern geparkte Autos seien beschädigt worden. Andere Augenzeugen berichteten ebenfalls von "nächtlichen Razzien". Die Milizen sprühen demnach auch farbige Markierungen auf Häuserwände. Später kehrten sie zurück, um die Türen einzutreten und die Bewohner zusammenzuschlagen.

Protestform

Nächtliche Rufe von den Dächern waren schon während der Islamischen Revolution vor 30 Jahren eine weit verbreitete Form des friedlichen Protests im Iran; nun demonstrieren die Menschen auf diese Weise gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Auf die Straßen wagen sich wegen der allgegenwärtigen Staatsmacht kaum noch Demonstranten.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat unterdessen die EU vor einer Politik der kompletten Isolierung des Irans gewarnt. "Ich kenne kein Beispiel dafür, dass die vollständige Isolierung eines Landes zum Erfolg geführt hat", sagte Asselborn am Samstag in Korfu in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Volk als Opfer

Als Beispiele nannte er Nordkorea und Simbabwe. Hier hätten Boykottmaßnahmen ebenfalls nichts gefruchtet. Die EU-Außenminister wollen an diesem Sonntag auf der griechischen Insel über ihre Haltung gegenüber den Machthabern in Teheran beraten. Vereinzelt gibt es die Forderung nach Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran.

"Bei einer kompletten Isolierung des Irans würde Teheran bei vielen Entwicklungsländern als Held dastehen", warnte Asselborn. Außerdem wäre letztlich das iranische Volk Opfer einer solchen Politik. Die EU sollte aus Sicht Asselborns vielmehr an ihrer bisherigen Doppelstrategie einer Androhung von Sanktionen bei gleichzeitiger Dialogbereitschaft bleiben. US-Präsident Barack Obama habe hier eine richtige Position vorgegeben. (APA/dpa)