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Nach einigen Tagen der Ruhe in der iranischen Hauptstadt kam es in Teheran zu neuerlichen Gewaltausbrüchen.
Teheran - Der mächtige Wächterrat im Iran hat am Montag als oberste politische Instanz das umstrittene Ergebnis der Präsidentschaftswahlen bestätigt. Das berichtete das Staatsfernsehen. Damit ist der Sieg von Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinejad bei den Wahlen am 12. Juni aus offizieller Sicht rechtmäßig.
In einem Schreiben an das Innenministerium erklärte der Sprecher des Wächterrats, Ayatollah Ahmed Jannati, am Montag, dass bei der Neuauszählung in einigen Wahlkreisen "keine größeren Unregelmäßigkeiten" der Abstimmung sowie der Stimmauswertung festgestellt worden seien. Daher sei das Wahlergebnis offiziell.
Auszählung vor der Kamera
Mit der Nachzählung von knapp zehn Prozent der Stimmen vor laufenden Kameras reagierte der für die Einhaltung der islamischen Verfassung zuständige Wächterrat auf die Beschwerden der Opposition, die von massiven Manipulationen bei der Wahl gesprochen hatte. Das Gremium hatte allerdings schon zuvor signalisiert, dass der Sieg Ahmadinejads nicht infrage stehe.
Schon vor Bekanntgabe der Ergebnisse der Neuauszählung hat die iranische Führung die Präsenz der Sicherheitskräfte verstärkt. Augenzeugen berichteten von einem starken Polizeiaufgebot in Teheran. Bei dem brutalen Vorgehen der Polizei und der regierungstreuen Basij-Milizen gegen die landesweiten Proteste sind zahlreiche Menschen ums Leben gekommen.
Zusammenstöße
Nach Tagen der Ruhe ist es laut Augenzeugenberichten am Sonntag in Teheran wieder zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Die Polizei, die mit einem Großaufgebot anrückte, setzte den Angaben zufolge Tränengas gegen tausende Anhänger von Oppositionsführer Mir-Hossein Mussawi ein. Auch ein Bus mit den berüchtigten Basij-Milizen wurde gesehen. Die Polizei riegelte das Areal weiträumig ab, die Demonstranten zogen ab.
Es waren die ersten Straßenproteste seit mehreren Tagen. Da politische Kundgebungen verboten sind, wagen sich kaum noch Oppositionelle auf die Straße. Die Demonstranten waren trotz Verbots der Behörden in die Innenstadt geströmt, um der 25 Toten bei früheren Protesten nach den umstrittenen Wahlen vom 12. Juni zu gedenken. Ziel war offenkundig die zentrale Ghoba-Moschee, wo eine Trauerfeier für den 1981 bei einem Bombenanschlag getöteten Ayatollah Mohammed Behejti stattfand, der in den 70er Jahren auch Chefprediger der Hamburger Moschee war. "Behejti, wo bist du", riefen die Demonstranten, "Mir Hussein wurde alleingelassen".
Neue Vorschlag von Mussawi
Der offiziell unterlegene Kandidat Mussawi hatte sich damit aber nicht zufrieden gegeben und eine komplette Annullierung der Abstimmung wegen massiven Wahlbetrugs gefordert. Mussawi hat unterdessen einen neuen Vorschlag angekündigt. Die halbamtliche Nachrichtenagentur Fars meldete, der Oppositionsführer habe diese Absicht am Sonntag bei einem Treffen mit dem Ausschuss angekündigt, der den Vorwürfen der Wahlfälschung nachgehen soll.
"Wir warten auf sein Angebot, um es im Ausschuss prüfen zu können", zitierte Fars den Sprecher des Wächterrats, Abbas Ali Kadkhodai. Die Nachrichtenagentur Mehr berichtete unterdessen - ebenfalls unter Berufung auf Kadkhodai - Mussawis Vorschlag liege bereits vor, und er beziehe sich auf die Methode zur teilweisen Nachzählung von Stimmen. "Unsere Regionalbüros sind bereit, auf der Grundlage von Moussavis Vorschlag die Stimmen nachzuzählen", sagte der Sprecher laut Mehr.
Ahmadinejad attackiert Westen scharf
Nach Forderungen von US-Präsident Barack Obama und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die demokratischen Rechte der Iraner zu achten und die iranischen Nuklearpläne zu beenden, attackierte Ahmadinejad den Westen scharf. "Diesmal wird die iranische Nation entschieden und klar antworten, so dass ihr (der Westen) beschämt seid und bereut", drohte er. Offenkundig mit Blick auf den Atomstreit fügte er hinzu: "Ohne jeden Zweifel wird die neue iranische Regierung dem Westen entschiedener und machtvoller begegnen." Der frühere iranische Atom- Chefunterhändler Ali Larijani rief den Westen auf, das "demokratische Leben" in seinem Land zu respektieren. "Der Iran ist nicht der Irak oder Afghanistan."
Meldungen von Verschleppungen von Demonstranten
Derweil werden immer grausamere Einzelheiten über Aktionen der iranischen Basij-Milizen bekannt, die als absolut regimetreu und brutal gelten. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisationen Amnesty International verschleppen sie verletzte Teilnehmer von Protestkundgebungen aus Teheraner Krankenhäusern. Nach anderen Augenzeugenberichten terrorisieren sie die Menschen auch bei nächtlichen Razzien.
Ziel seien Bewohner, die - wie in Zeiten der Islamischen Revolution vor 30 Jahren - nachts von den Dächern ihrer Häuser Slogans wie "Gott ist groß" und "Tod dem Diktator" rufen. Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auf ihrer Webseite berichtete, verschaffen sich die Paramilitärs gewaltsam Zugang zu den Häusern, schlagen Bewohner zusammen und feuern Schüsse in die Luft. (red/APA/dpa/Reuters)