Einem Bürger aus Guatemala drohen fünf Jahre Haft für eine 96 Zeichen lange Nachricht, die er über Twitter veröffentlicht hat. Jean Anleu habe dem Management der guatemaltekischen Bank Banrural Korruption vorgeworfen und Kontoinhaber aufgefordert, ihr Geld abzuheben. "First concrete action should be take cash out of Banrural and bankrupt the bank of the corrupt", lautete die Nachricht, die dem Mann nun zum Verhängnis werden könnte, wie die AP berichtet.

Exempel statuieren

Laut Staatsanwalt Genaro Pacheco werde mit dem Satz rechtswidrig das Vertrauen in das Banksystem von Guatemala gefährdet. Ein Gesetz aus dem Jahr 2008 verbiete es falsche Informationen zu verbreiten, welche das öffentliche Vertrauen in Finanzinstitutionen untergraben könnten. Verteidiger Jose Toledo vermutet, dass die Regierung an Anleu ein Exempel statuieren wolle. Damit würde jeder Bürger gewarnt, keine kritischen Beiträge zu veröffentlichen. Anleu sei verhaftet worden, mittlerweile aber auf Kaution wieder entlassen.

Erster Twitter-Haft?

Bislang sei kein anderer Fall bekannt, in dem ein Nutzer für die Verbreitung einer Nachricht über Twitter angeklagt worden ist. Im Iran sollen zwar hunderte Personen wegen vermeintlich illegaler Internet-Aktivitäten inhaftiert worden sein, ob es sich dabei auch um kritische Twitter-Meldungen handelt, ist allerdings unbekannt.

Zensurversuch misslungen

Sofern es der Regierung darum gehe, Kritiker zum Schweigen zu bringen, ist ihr das mit der Anklage nicht gelungen. Mittlerweile wird der Tweet von tausenden anderen Nutzern weitergeleitet. Zudem sei die Kaution in Höhe von 6.200 US-Dollar zur Hälfte von Twitter-Usern gespendet worden, die das Geld via PayPal aus insgesamt 19 Ländern überwiesen hätten. Anleus Account @jeanfer folgen mittlerweile über 1.700 Personen. Vor der Anklage seien es nur 174 gewesen.

Keine politischen Statements mehr

Anleu, der sich in seiner Freizeit für die Installation von Open Source-Software an armen Schulen einsetzt, schreibe laut AP von seinem iPhone und Blackberry aus auf Twitter größtenteils über Computer und Gadgets. Politische Statements wolle er in Zukunft vermeiden, da er weitere Klagen fürchte. Der Prozessbeginn ist für November angesetzt. Verteidiger Toledo hofft, dass die Kläger einsehen, einen Fehler gemacht zu haben und die Anklage fallen gelassen wird. (red)