Wien/New York - In New York wird ein Börse-Krimi rund um die US-Geschäftsbank Goldman Sachs (GS) publik: Am vergangenen Freitag hat die amerikanische Bundespolizei FBI den ehemaligen GS-Programmierer Sergej Alejnikow verhaftet. Dieser war als Programmierer für die Entwicklung eines vollautomatisierten und hochfrequenten Handelssystem für Aktien- und Rohstoffmärkte verantwortlich. Den Code für das System soll der gebürtige Russe auf einen Server in Deutschland hochgeladen haben. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Für Goldman könnte sich der Diebstahl als Millionengrab entpuppen. Nicht nur die Kosten für die Programmierung des Systems müsste die Bank in den Wind schreiben. Ankläger Joseph Facciponti bringt das Risiko auf den Punkt: Ein Dritter, der über den Code verfügt, kann die Märkte manipulieren und Goldman Sachs damit kräftig Schaden zufügen.

Der Krimi rund um das Handelssystem von Goldman Sachs kommt für die Bank äußerst ungelegen. Das Handeln über komplexe mathematische Handelssysteme boomt wie nie zuvor. Goldman ist dabei die Speerspitze der Innovation. Das "Proprietary Trading" - jenes Geschäft, bei dem eine Bank selbst spekuliert, anstatt nur Gebühren für Käufe und Verkäufe zu generieren - wird verstärkt vom automatisierten Handel dominiert und Goldman Sachs ist dabei der weltweite Marktführer. Laut der Aussage des ermittelnden FBI-Beamten machte GS "mehrere Millionen Dollar Gewinn pro Jahr". Die Konkurrenz um den wachsenden Markt ist hart.

Da passt es nur ins Bild, dass Alejnikow erst Anfang Juli seinen Job gewechselt hat und bei dem in Chicago ansässigen Trading-Unternehmen Teza Technologies anheuerte - laut Ermittlungsergebnissen zum dreifachen Jahresgehalt. Teza Technologies ist ebenfalls auf vollautomatische Systeme für große Handelsvolumina spezialisiert. Das Unternehmen bestritt in einer ersten Stellungnahme jedes Wissen um die Affäre und supendierte Alejnikow. Der Programmierer, der in Moskau Angewandte Mathematik studiert hat, ist auf Kaution in Höhe von 750.000 Dollar freigekommen. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8..7.2009)