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Sonnenbrillen sollten vom Optiker angepasst werden

Foto: APA/dpa/Bernd Thissen

Kaiser Nero, sagen die Geschichtsschreiber der Antike, habe Smaragde verwendet: Bei Gladiatorenkämpfen, aber auch bei anderen Anlässen soll er sich Edelsteine vor die Augen gehalten haben - auf dass ihn das Licht der Sonne weniger blende. Nach einer anderen Theorie wurde die Sonnenbrille erst im 15. Jahrhundert erfunden: Damals experimentierte man mit verschiedenfarbigen Gläsern, die sich der Adel zum Schutz gegen zu helles Licht vor die Augen hielt.

Die rudimentären Vorläufer der Sonnenbrille sind längst passé, sogar jene Zeit, in der es tatsächlich schlechte, also für das Auge gefährliche Sonnenbrillen an Supermarktkassen gab, sind "gottlob Vergangenheit", so Markus Grasl. Zumindest meistens. "Man findet", erklärt der Expeditionsarzt und Primarius der Augenabteilung am Landeskrankenhaus Leoben, "heute kaum mehr Brillen, die einfach nur dunkle Scheiben haben, die die Pupille einfach aufgehen lassen, aber keinerlei UV-Schutz bieten." Dennoch rät der Expeditionsarzt beim Kauf von Sonnenbrillen, nicht einfach nach der Ästhetik zu gehen. Besonders dann nicht, wenn die Brillen nicht bloß zu Dekorationszwecken im Kaffeehaus auf der Stirn, sondern auch im Urlaub ihren Zweck erfüllen sollen. "Egal ob auf dem Berg oder am Meer: Optimalen Schutz garantieren nur hochgebirgstaugliche Brillen, die von Experten angepasst wurden."

Denn ähnlich wie bei den Hauttypen sei auch die Lichtempfindlichkeit des Auges unterschiedlich. Deshalb, sagt Grasl, lasse die Sonnenempfindlichkeit der Haut "durchaus Rückschlüsse auf die Empfindlichkeit des Auges zu".

Strahlenverstärker

Die unmittelbarste Sonnengefahr, so der Arzt, stelle das "Verblitzen" dar: "Dafür kann es ausreichen, wenn ein Bergsteiger für ein Foto kurz die Brille abnimmt. Reinhold Messner ist genau das auf dem Mount Everest passiert: Er wurde schneeblind - wäre Peter Habeler nicht dabei gewesen, hätte er es nicht mehr hinuntergeschafft." Nachsatz: "Es muss aber gar nicht der Everest sein, der Semmering genügt. Auch bei Nebel." Tückisch an der Verblitzung, erklärt Grasl, sei auch, dass sich die Symptome (Schmerzen, Lidkrämpfe, Rötung des Auges) oft erst Stunden später zeigen - und dass der Name "Schneeblindheit" in die Irre führt: "Wasser, Sand oder helle Flächen reflektieren das Licht und seine Strahlen wie Schnee. Diese Gefahr wird maßlos unterschätzt."

Freilich: Das Auge erholt sich recht rasch - aber nur solange es nicht immer wieder geschädigt wird. Denn der Zusammenhang zwischen hoher UV-Exposition und Linseneintrübung ist längst erwiesen. "Das kommt wie das Amen im Gebet", erklärt Grasl, "hartes UV-Licht beschädigt die Makula. (siehe Kasten). Es führt zu diffusen Schädigungen in der Region um den gelben Fleck. Diese Schäden sind irreversibel."

Moderne Sportbrillen stellen im Sonnenschutz derzeit die Avantgarde dar. Funktion vor Design ist die Devise: Austauschbare, den aktuellen Lichtverhältnissen angepasste Gläser sind ebenso State of the Art, wie variabel einstellbare Winkel von Nasensteg oder Bügeln. "Rundumschutz fürs Auge", nennt es Martine Melki-Neumüller von Adidas-Eyewear "auch von oben oder der Seite darf kein ungefiltertes Licht ans Auge kommen. Finger weg von schmalen kleinen Brillen" Auch Variabilität werde immer wichtiger: ein aufklippbarer Nasenschutz etwa - oder Bügel, die sich zum Surfen oder Klettern gegen Gummibänder austauschen lassen.

Individuelle Lösungen

Darüber hinaus empfiehlt der Mediziner Grasl hochentspiegelten, widerstandsfähige, aber doch austauschbare Kunststoffgläser: "Glas kann splittern. Und: Kratzer in der Beschichtung können Strahlen und Reflexionen durchlassen."

Immer wichtiger, so Melki-Neumüller, werde auch die Frage, Sonnen- und optische Brille zusammenzuführen. "Direktverglasungen" - also der Einsatz von optischen Gläsern - sind die klassische, aber unflexible Option. Daher geht man dazu über, "einklippsbare" Einsätze anzubieten - bei sehr hohen Dioptrienzahlen stößt man hier allerdings an Grenzen von Gewicht und Scheibendicke.

Das derzeitige Spitzenmodell von Adidas heißt, so Melki-Neumüller, Terrex-Pro, ist für den alpinen Einsatz konzipiert - und mit 279 Euro nicht gerade billig.

Sparen solle man bei Sonnenbrillen aber keinesfalls, sagt Grasl. "Eine einfache Frage wirkt da oft Wunder: Wie viele Augen habe ich - und was ist meine Alternative zu ihnen?" (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2009)