Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Bub vor einem Plakat, das die Gründe für eine Wahrheitskommission für Liberia darstellen soll. Dem früheren Staatschef des Landes, Charles Taylor, wird in Den Haag der Prozess gemacht.

Foto: AP/Blackwell

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Anklage wirft Ex-Präsident Charles Taylor in elf Punkten Mord, Folter, Vergewaltigung, sexuelle Versklavung, Einsatz von Kindersoldaten und die Terrorisierung der Bevölkerung mit systematischen Verstümmelungen vor.

Foto: AP Photo/Kooren

Der Ex-Präsident Liberias, Charles Taylor, weist vor dem Sondertribunal für Sierra Leone alle Vorwürfe über Gräueltaten zurück. Er habe sich um Frieden im Nachbarland bemüht, erklärte er am Dienstag vor den Richtern in Den Haag.

*****

Charles Ghankay Taylor war nicht nur Präsident Liberias. Er galt als einer der brutalsten Kriegsherren Afrikas. Wegen Gräueltaten während der Bürgerkriege im Nachbarland Sierra Leone zwischen 1989 und 2003 hat ihn das zuständige Uno-Sondertribunal deshalb wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt - alles "Lügen und Gerüchte" , sagte er am Dienstag in Den Haag in seiner ersten Aussage als Zeuge der Verteidigung seit Beginn des Prozesses Anfang 2008.

"Es ist sehr bedauerlich, dass die Staatsanwaltschaft mich aufgrund von Falschinformationen, Lügen und Gerüchten mit derartigen Bezeichnungen in Verbindung gebracht hat" , sagte Taylor. Er hätte eine "Art von Superman" sein müssen, um angesichts der immensen Probleme in seinem eigenen Land eine derartige entscheidende Rolle in Sierra Leone spielen zu können, argumentierte der 61-Jährige. Er habe "niemals" Diamanten vom Chef der Rebellenbewegung RUF, Foday Sankoh, angenommen, und sich um Frieden bemüht.

Die Anklage Tribunals wirft Taylor vor, mit der RUF im benachbarten Sierra Leone eine Terrorkampagne gegen die Zivilbevölkerung organisiert und finanziert zu haben. Taylor soll der RUF Waffen geliefert und dafür Diamanten erhalten haben. Während des elf Jahre dauernden Bürgerkriegs soll Taylor mitverantwortlich für die Rekrutierung zehntausender Kindersoldaten gewesen sein.

In dieser "Armee der kleinen Buben" kämpften Zehnjährige, denen man mit Drogen und Alkohol jegliche Hemmschwelle genommen hatte. Die Kindersoldaten mordeten, vergewaltigten und verstümmelten Zehntausende. Charles Taylor, sagte der Chefankläger des Tribunals, Stephen Rapp, habe nichts unternommen, um sie zu stoppen. Sankoh hatte Taylor 1991 bei seinem Aufstand gegen den liberianischen Staatschef Samuel Doe unterstützt.

Taylor war 2003 zum Rücktritt gezwungen worden. Zeitgleich war die bis zu diesem Zeitpunkt unter Verschluss gehaltene Anklage veröffentlicht worden. Er sei freiwillig zurückgetreten, um seinem Land noch mehr Gewalt zu ersparen, erklärte Taylor Dienstag.

Taylor war nach Nigeria ins Exil gegangen, wo er regelmäßige Kontakte zur Staatsspitze gepflegt haben soll, bis ihn die dortige Regierung bei einem Fluchtversuch im März 2006 an der Grenze zu Kamerun verhaftete und dem Sondertribunal übergab. Taylors Aussage wird mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Ein Urteil wird noch in diesem Jahr erwartet.

Das Tribunal, das eine Mischung aus nationalem und Uno-Gericht ist, tagt normalerweise in Sierra Leone. Aus Sicherheitsgründen und Angst vor Ausschreitungen in der Hauptstadt Freetown war das Verfahren gegen Taylor jedoch nach Den Haag ausgelagert worden und findet in den Räumlichkeiten des Internationalen Strafgerichtshofes statt. (Barbara Hoheneder aus Den Haag/DER STANDARD, Printausgabe, 15.7.2009)