Der spanische Frachter bringt die jüdischen Passagiere nach Palästina. Normalität passiert neben Tragischem: Ein totes Kind wird in der Holzkiste im Meer versenkt.

Foto: Arte/Bernard Barbereau

Wien - An einen Ort, wo Milch und Honig fließen, wollen sie ziehen. Lea, die ihre Tochter sucht und wie Angèle das KZ überlebt hat. Antoine, der Frau und Kind beim Bombenangriff verloren hat. Der alte Schmuel, der einen Neuanfang sucht und hunderte weitere Passagiere des spanischen Frachtschiffs "Yehuda Halevi" , das 1946 von Casablanca aus in See sticht.

Gelobtes Land

Auf dem Weg ins Gelobte Land: Sie landen im Norden Palästinas. Die Scheinwerfer eines Autos am Festland schicken Signale. Ein kurzer Moment des Glücks, dann werden Koffer gereicht, Ruderboote zu Wasser gelassen, an Land gezogen. Schnell, denn die Einwanderer kommen heimlich. Die britische Mandatsmacht fürchtet die Dominanz der Juden, fängt die Schiffe ab und schränkt Einwanderung brutal ein. Milch und Honig bleiben für viele eine Hoffnung.

Im französischen Sechsteiler "Milch und Honig" erzählt Haïm Bouzaglo die Geschichte der Einwanderungswelle nach Palästina nach dem Zweiten Weltkrieg. Deportiert und ihrer Besitztümer beraubt, hatten hunderttausende Juden nur einen Wunsch: den Neubeginn an einem Ort, wo Milch und Honig fließen. Bouzaglo verknüpft die historischen Tatsachen mit Einzelschicksalen. In der behutsamen Erzählweise erreicht der Spielfilm eine fast dokumentarische Qualität. Historizität bleibt dadurch nicht bloße Fassade: Die Figuren sind da, um ein weitgehend ausgeblendetes Zeitgeschichtskapitel zu erzählen. Am eindrucksvollsten gelingt dies bei der Überfahrt im überfüllten Schiff, wo die Einreisenden mitunter so etwas wie die ersehnte Normalität einer gesicherten Zukunft vorleben. Mit dem Wissen freilich, den erlebten unsagbaren Schrecken nie zu vergessen: ein Gaukler, der Faxen macht und dankbare Momente des Unbeschwertseins schenkt. Diskussionen um die Existenz Gottes, der die Shoah zuließ. Alphabetlernen, Frauen hofieren, Austausch über Traditionen und Rituale und immer wieder die Erinnerungen, die Lea wie Fäden im Wind fortziehen lassen will. Und die es nicht tun. Verrat, Hunger, Krankheit und Tod holen Lea vorerst auch hier ein.

Arte zeigt drei Teile von Milch und Honig, heute, Donnerstag, um 21 Uhr. Die Teile vier bis sechs folgen am Freitag ab 21 Uhr. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 23.7.2009)