Aiderbichl, Ungarn oder Südafrika? Darüber, wo die Schimpansen, die derzeit im ehemaligen Safaripark Gänserndorf untergebracht sind, künftig leben sollen, wird seit Jahren gestritten

DER STANDARD/Robert Newald

Gänserndorf/Wien - Ob die Suche nach einer Zukunftsperspektive für die Baxteraffen glimpflich ausgeht, ist immer noch fraglich: Seit sechseinhalb Jahren leben die 41 Schimpansen, die davor in den Labors der Pharmafirma Versuchstiere für die HIV-Forschung waren, schon im Affenhaus des ehemaligen Safariparks Gänserndorf. Davon fünf Jahre nur von Pflegern betreut, also ohne jede Störung durch Besucher - weil der Park im strukturschwachen Marchfeld 2004 endgültig in Konkurs gegangen ist.

Laut Gesundheitsministerium stehen jetzt die Chancen, dass die Tiere dort auch weiterhin bleiben dürfen, nicht schlecht. "Es ist noch nichts unterzeichnet, aber bezüglich eines Vertragsabschlusses mit Gut Aiderbichl schaut es gut aus", sagt Thomas Geiblinger, Sprecher von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ). Die Aiderbichler, allen voran der Gründer des dortigen Tierrettungshofes, Michael Aufhauser, wären bereit, Affen und Affenhaus zu übernehmen, sagt Geiblinger. Doch Aufhauser selbst bestätigte das dem Standard bislang nicht.

Für Minister Stöger wäre eine Lösung in der Affenaffäre ein politischer Erfolg - zumal sich zwei seiner ÖVP-Amtsvorgänger an dem Problem die Zähne ausgebissen haben. Doch in seinem Büro gibt man sich ebenso bedeckt wie bei Baxter oder dem Gänserndorf-Masseverwalter Ferdinand Bruckner: vielleicht, weil es hinter den Kulissen bereits heftig kracht.

Fertiges Gehege in Ungarn

Erstens, weil Baxter den Plan, die 18 nicht HIV-infizierten Gänserndorfer Affen in den ungarischen Zoo Vezsprem unweit des Balaton zu bringen, offenbar noch immer ventiliert. Kein Wunder, wurde diese Option doch auch gründlich vorbereitet; wie gründlich, geht aus einer Gesprächsmitschrift einer Sitzung im Gesundheitsministerium vom Oktober 2008 hervor, das dem Standard vorliegt. Im Februar 2008 sei mit dem Zoo Veszprem ein Vertrag abgeschlossen worden, im August 2008 hätten die Ungarn mit dem Bau geeigneter Gehege begonnen, wird da Masseverwalter Bruckner zitiert. Die Bauarbeiten seien inzwischen abgeschlossen, bestätigte Baxter-Sprecher Roland Bettschart. Die Frage, ob das Geld dafür überwiegend vom Pharmakonzern kam, beantwortete er nicht. Laut einem Recherchebericht, der dem Standard vorliegt, sind für das Affengehege in Veszprem umgerechnet 1,8 Millionen Euro verbaut worden. Für Gehege, in die jetzt vielleicht nie ein Baxteraffe einziehen wird.

Zweitens hat die Tierschutzorganisation Vier Pfoten am 21. Juli 2009 gegen Masseverwalter Bruckner Mahnklage erhoben. Bruckner hatte von den Tierschützern die Option prüfen lassen, sämtliche Affen in eine südafrikanische Auffangstation zu bringen. Dafür hatte er den von der Vier Pfoten vermittelten Südafrikanern am 20. August 2008 schriftlich 20.000 Euro zugesagt. Die Beauftragten erfüllten die Vorgaben, doch dem Südafrikaprojekt wurde nicht nähergetreten. Jetzt, knapp ein Jahr später, will Bruckner auf einmal nicht bezahlen: Die Rechnung sei "nicht nachvollziehbar".

Außerdem habe der Vier-Pfoten-Zweigverein in Ungarn "durch unrichtige Agitation der Masse erheblichen Schaden zugefügt", schrieb der Masseverwalter am 14. 7. 2009. Für Vier-Pfoten-Anwalt Josef Unterweger "ein klarer Abmachungsbruch". Bruckner selbst gab keinen Kommentar ab.

Die Kritik an einer normalen Zootierperspektive für die 18 gesunden Affen hat auch inhaltliche Gründe: Mit den Schimpansen, vielfach als Babys ihren Müttern entrissen, von der Baxter-Vorläuferfirma Immuno nach Österreich gebracht und dann jahrelang in engen Käfigen gehalten, sei fast so schwer umzugehen wie mit psychisch kranken Menschen, meint die Primatenforscherin Signe Preuschoft. "Die Schimpansen haben ein Trauma. Unter ungewohnten Verhältnissen kann es zu ernsten Problemen kommen." (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 27. Juli 2009)