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Im nördlichen Flachgau werden die Spuren des ungewöhnlich heftigen Hagels, der an 500 Häusern Dächer, Fassaden und Fensterscheiben zerstörte, noch monatelang sichtbar sein.

Foto: APA/Gindl

Wien/Graz - Im nördlichen Flachgau werden die Spuren des ungewöhnlich heftigen Hagels, der an 500 Häusern Dächer, Fassaden und Fensterscheiben zerstörte, noch monatelang sichtbar sein. Nach den schweren Unwettern am Donnerstag in Salzburg, Oberösterreich, Tirol, Wien und Niederösterreich mussten einige Gemeinden im Flachgau zum Katastrophengebiet erklärt werden. Ein paar Tage davor gab es - wie berichtet - auch in Graz wegen Hochwassers Katastrophenalarm.

Begriffe wie hundertjährige Hochwasser oder Jahrhundert-Hagel werden in den letzten Jahren immer öfter bemüht. Doch wenige wissen, was etwa ein Jahrhunderthochwasser ist oder welches Jahr man mit "seit Beginn der Aufzeichnungen" genau meint. "Rein theoretisch ist das, wenn es im statistischen Mittel einmal in hundert Jahren vorkommt" , erklärt der Klimatologe Gerhard Hohenwarter von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), "und das heißt nicht, dass dieser Wert innerhalb dieser Zeit nicht auch zweimal hintereinander vorkommen kann." Doch das setze voraus, "dass es an dem Ort überhaupt Messreihen gibt, die so weit zurückreichen, denn die meisten unserer 200 Stationen in Österreich gibt es erst seit den 50er-Jahren" , erklärt Hohenwarter weiter.

Gegen Pauschalerklärung

Von der Pauschalerklärung, das alles sei der Klimawandel, hält der Wetterexperte nichts: "Das Internet und der Umstand, dass jeder sofort weiß, wo ein Unwetter tobte, haben die Klimadebatte sehr sensibilisiert." Und viele Aussagen über Jahrhundertwetter seien subtile Eindrücke und "nicht seriös" . Vielmehr gebe es auch wiederkehrende Wetterlagen, mit denen man etwa den "extrem niederschlagreiche Juni heuer erklären kann: ein Produkt eines Tiefdruckgebietes westlich der britischen Inseln".

Der Hagel, der am Donnerstag plötzlich über Wien losbrach, sei für das "vergleichsweise gewittersichere Wien" ungewöhnlich und ein Zusammenspiel vieler Parameter, sagt der Klimatologe. "Die Hotspots für Gewitter sind im bayrischen Alpenvorland und im Grazer Bergland." In Graz gab es im Vorjahr extremeren Hagel, doch die Bevölkerung sei das eher gewöhnt.

Entstehung der Eiskörner

Hagel entsteht nur bei Gewitter, wenn Regentropfen von einem Aufwind gepackt werden, der sie bis zu 13 Kilometer hinaufträgt. In den kälteren Luftschichten werden die Tropfen zu Eis. "Die Größe eines Hagelkorns hängt davon ab, wie oft er wieder hinaufgetragen wird" , erklärt Hohenwarter, "denn jedes Mal kommt es zu Kollisionen mit Wassertropfen, die anfrieren, wodurch es wächst." Dass die eisigen Geschosse großen Schaden anrichten können, ist klar: Sie sind mit um die 100 km/h unterwegs. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD-Printausgabe, 28.7.2009)