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Bis zum 7. August, dem Geburtstag des Imam Mahdi, sollten alle Gefangenen wieder zu Hause bei ihren Familien sein, ließ Ahmadinejad per Brief mitteilen.

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Teheran - Die iranischen Oppositionsführer Mir-Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi wollen am Donnerstag die Gräber der Demonstranten besuchen, die bei den Protesten gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl getötet wurden. Die beiden Politiker wollten um 16.00 Uhr (13.30 Uhr MESZ) zusammen mit den Familien der Opfer den Friedhof Behesht-e Zahra aufsuchen, berichtete die Website "Etemad Melli" am Mittwoch.

Eine Trauerfeier für die Toten der Demonstrationen hatten die Behörden am Dienstag verboten. Nach dem Willen Moussavis und Karroubis sollten bei der Zeremonie lediglich Koran-Verse verlesen werden. Nach offiziellen Angaben wurden bei den Protesten gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl mehr als 20 Menschen getötet.

Im Iran sollen rund 20 der inhaftierten Demonstranten ab Samstag vor Gericht gestellt werden. Ihnen würden Angriffe auf die nationale Sicherheit vorgeworfen, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am Mittwoch. Die "Anstifter" der Proteste nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom 12. Juni würden vorerst nicht vor Gericht gestellt. Laut IRNA müssen sich die Demonstranten unter anderem wegen Bombenanschlägen, des Besitzes von Feuerwaffen und Granaten, Angriffen auf Milizen und andere Sicherheitskräfte sowie wegen Kontakten zu den im Exil lebenden oppositionellen Volksmujaheddin und westlichen Medien verantworten.

Die iranischen Behörden hatten am Dienstag 140 Regierungsgegner freigelassen, die bei den Demonstrationen im Anschluss an die umstrittene Präsidentschaftswahl verhaftet wurden. Die Entscheidung folgte dem Besuch einer Parlamentariergruppe im berüchtigten Teheraner Gefängnis Evin, wie die halbamtliche Nachrichtenagentur ISNA meldete. Ein Sprecher der Gruppe sagte, 150 Demonstranten blieben weiter in Haft. Zuvor hatte das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, versprochen, dass die Fälle von mehreren hundert Demonstranten überprüft werden sollten. Khamenei ordnete am Montag auch die Schließung des Gefängnisses Kahrizak an. Dort gebe es nicht die "notwendigen Standards, um die Rechte der Insassen zu garantieren", sagte am Dienstag ein Mitglied der Parlamentariergruppe, Kazem Jalali. Nach Berichten amtlicher Medien wurden bei den Protesten gegen Ahmadinejads Wiederwahl zwischen 1000 und 2000 Menschen verhaftet.

Schreiben an Justizbehörde

Die iranischen Justizbehörden sollen die restlichen Demonstranten nach dem Willen von Staatschef Mahmoud Ahmadinejad binnen zehn Tagen freilassen. Seit ihrer Festnahme sei eine "beträchtliche" Zeit vergangen, schrieb der Präsident nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens am Dienstag an Justizchef Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi.

Bis zum 7. August, dem Geburtstag des Imam Mahdi, sollten alle Gefangenen wieder zu Hause bei ihren Familien sein. Der Glaube an diesen "Erlöser", der kurz vor dem Weltuntergang ein Reich der Gerechtigkeit auf Erden errichten soll, ist ein zentrales Element der im Iran dominierenden Richtung des schiitischen Islam ("Zwölfer-Schiiten"). Der iranische Präsident beginnt kaum eine Rede, ohne seiner Hoffnung auf die baldige Wiederkunft des "Mahdi" Ausdruck zu verleihen.

Provokationen

Außerdem sollten die Vernehmungen der Gefangenen beschleunigt werden, forderte der Präsident, dessen umstrittene Wiederwahl die Proteste Mitte Juni ausgelöst hatte. Die Behörden sollten gegenüber denjenigen Inhaftierten, "die diesen Pfad unbewusst eingeschlagen haben", zudem so viel Mitgefühl zeigen wie möglich. Ahmadinejad hatte sich bisher nicht zu den Festnahmen geäußert. In dem Brief beschuldigte er "einige Leute und einige politische Gruppen", die Demonstranten provoziert zu haben.

Keine Reformpolitiker unter Freigelassenen

Unter rund 140 in Teheran freigelassenen Gefangenen sind nach einem iranischen Zeitungsbericht keine reformorientierten Politiker. Wie die Zeitung "Etemad" am Mittwoch weiter meldete, handelt es sich bei den Freigelassenen mehrheitlich um Demonstranten, die während der Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad festgenommen worden waren. Ebenfalls festgenommene Reformpolitiker seien dagegen in die zentraliranische Stadt Isfahan verlegt worden.

Frauenrechtlerin Sadr unter Freigelassenen

Unter den Freigelassenen ist auch die Frauenrechtlerin Shadi Sadr. Ihr Anwalt bestätigte nach Zeitungsangaben vom Mittwoch, dass Sadr gegen eine Kaution von umgerechnet fast 50.000 Dollar (rund 35.000 Euro) das berüchtigte Evin-Gefängnis im Norden Teherans verlassen konnte. Die Anwältin war am 17. Juli auf offener Straße verschleppt worden.

Auch die anderen Inhaftierten kamen gegen Kaution frei. Die Haftentlassungen kamen, nachdem der Chef des iranischen Justizwesens, Ayatollah Mahmoud Hashemi-Shahroudi, erklärt hatte, die Gefangenen mit nur geringen Vergehen sollten frei kommen.

Todesfälle

Nach Berichten von Menschenrechtsgruppen starben in dem Gefängnis mindestens drei Häftlinge. Unter ihnen soll nach Angaben der Opposition auch der Sohn des konservativen Politikers Abdolhossein Ruholamini sein, der am 9. Juli wegen seiner Teilnahme an den Protesten festgenommen wurde.

Die Teheraner Gefängnisverwaltung behauptet, der 25-jährige Mohsen Ruholamini und ein 18-jähriger Mithäftling seien an "Gehirnhautentzündung" gestorben.

Schlimmer als unter Schah

Oppositionsführer Mir-Hossein Moussavi hatte am Montag in einer Rede die Festnahmen und Todesfälle im Gefängnis als Katastrophe bezeichnet. Er deutete an, dass die Misshandlungen schlimmer seien als unter dem Schah.

Die iranischen Behörden verboten unterdessen der Opposition die Organisation einer Trauerfeier für die Toten der Demonstrationen gegen die umstrittene Präsidentenwahl . Die Gedenkveranstaltung sei nicht genehmigt worden, sagte der politische Leiter des Innenministeriums, Mahmoud Abbaszadeh Meshkini, am Dienstag der iranischen Nachrichtenagentur FARS.

Nach dem Willen der Oppositionsführer Moussavi und Mehdi Karroubi sollte die Trauerfeier am Donnerstag auf dem Mossala-Gelände in Teheran, einem zentralen Gebetsort, stattfinden. Reden waren nicht geplant. Es sollten lediglich Koran-Verse verlesen werden. (APA/AP)