Nach der impulsiven zweiwöchigen Rallye haben die US-Börsen - trotz oftmals enttäuschender Quartalsbilanzen - nur eine kleine Verschnaufpause eingelegt. Ab Wochenmitte übernahmen die Bullen wieder das Ruder und zogen die Märkte auf neue Jahreshöchststände. Der Dow Jones Index der Standardwerte stieg 0,94 %, der breiter gefasste S&P 500 1,07 % und verpasste mit 986 Punkten nur knapp die „magische" Marke von 1.000. Der Index der Technologiebörse Nasdaq schloss mit einem Plus von 0,54 %. Der Ölpreis fiel kurzzeitig auf USD 62/Barrel, kletterte dann jedoch wieder bei regem Handelsvolumen auf USD 67. Gold tendierte schwächer und kostet nun USD 938/Unze.

Die gemeldeten Konjunkturdaten fielen durchwachsen aus, der Markt fand jedoch positive Interpretationsmöglichkeiten. Das Beige Book der Fed indizierte einen weiterhin fragilen Zustand der US-Konjunktur. In allen 12 Fed-Bezirken habe sich das Abwärtsmomentum geringfügig verringert bzw. stabilisiert. Eine Formulierung, die jedoch bereits seit vielen Monaten verwendet wird. Das Verbauchervertrauen der Uni Michigan fiel auf 66 Zähler, dies bedeutet den tiefsten Stand seit April. Die Konsumenten zeigten sich im kurzfristigen Ausblick extrem pessimistisch. Auch die Einkommensentwicklung wurde negativ gesehen. Insofern scheinen vom US-Konsum wohl kaum nennenswerte Impulse für die US-Konjunktur zu kommen. Vom Immobilienmarkt kamen hingegen leicht positive Signale. Die Verkäufe neuer Häuser lagen bei 384.000 und damit so hoch wie zuletzt im November 2008. Allerdings fielen die Preise annualisiert um 21 % auf USD 206.200 - auch im Vergleich zum Mai (219.000) ein kräftiges Minus. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe kletterten unerwartet stark auf 584.000. Dies wurde jedoch überwiegend positiv aufgenommen, nachdem ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosengeldempfänger ausgewiesen wurde.

Microsoft hat im vierten Geschäftsquartal 29 % weniger verdient als im Vorjahreszeitraum, der Umsatz brach um 17 % ein. Erstmals seit dem IPO im Jahre 1986 waren sowohl Umsatz als auch Gewinn auf Jahressicht rückläufig. Der Umsatz lag bei USD 13,1 Mrd. während der Konsens mit 14,4 Mrd. rechnete. Auch der Gewinn/Aktie verfehlte mit 34 Cents den Konsens von 36. Amazon.com enttäuschte ebenso. Der Umsatz lag deutlich unter der Konsensschätzung, der Gewinn fiel um 10 % und damit deutlich stärker als prognostiziert. Für das laufende Quartal zeigte man sich kryptisch, man könne nur vage Prognosen abliefern. Auch Broadcom enttäuschte, insbesondere die katastrophale Margenentwicklung sorgte für einen Sell-off.

Licht und Schatten bei US-Financials

Mastercard meldete einen Gewinn in Höhe von USD 349 Mio. bzw. 2,67/Aktie, die Konsensmeinung von 2,42 wurde somit deutlich übertroffen. Der Branchenzweite hat durch Gebührenerhöhungen und Kostensenkungen einen kräftigen Überschuss erwirtschaftet. Auch Konkurrent Visa überraschte leicht positiv. Der Gewinn von American Express knickte hingegen um 84 % ein. Mittlerweile müssen 10 % aller Kreditkartenschulden abgeschrieben werden. Exxon Mobil verdiente im 2. Quartal USD 3,95 Mrd. bzw. 81 Cents je Aktie. Der Konsens hatte mit 1,01 USD gerechnet. Aktien von AMBAC Financial verlieren deutlich, nachdem man erneut eine Milliarde auf Kreditderivate abschreiben musste. Um die Barreserven zu schonen, werde AMBAC nun die Zinszahlungen auf nachrangige Schuldpapiere und Vorzugsdividenden einstellen. Die texanische Bank Guaranty Financial  Group konnte bei Investoren nicht genügend Kapital einsammeln und dürfte nun vor derInsolvenz stehen. Damit droht den USA die größte Bankenpleite des Jahres.

Mit einer Kooperation wollen Microsoft und Yahoo! gegen die Vormachtstellung von Google ankämpfen. Wie am Mittwoch bekannt wurde, soll Yahoo! in Zukunft die Technologie von Microsofts neuer Suchmaschine Bing einsetzen und sich dafür auf die Werbevermarktung konzentrieren. Die Vereinbarung soll Yahoo zukünftig einen zusätzlichen Ertrag von USD 500 Mio. pro Jahr einbringen. Im vergangen Jahr hatte Microsoft noch versucht, Yahoo für USD 45 Mrd. zu übernehmen. Der Schulterschluss könnte die Vormachtstellung von Google zwar verringern, jedoch bei weitem nicht gefährden. Microsoft dürfte der langfristige Gewinner der Allianz sein. Zwar bleiben 88 % der Werbeerlöse bei Yahoo!, die Datenbanken von Yahoo sowie die deutlich steigende Reichweite von "Bing" dürfte jedoch a la longue deutlich wertvoller sein. Dass Yahoo! der klare Verlierer der Allianz zu sein scheint, bestätigte auch die Börse. Anteilsscheine von Yahoo verloren mehr als 15 %. Detail am Rande: Vor 10 Jahren hat sich Yahoo! entschieden, sich auf Content und vielfältige Medienangebote zu fokussieren. Die Suchfunktionen wurden damals an ein kleines, unbekanntes Startup namens "Google" ausgelagert.

Der Telekommkonzern Verizon Communications verdiente trotz wachsender Umsätze (+11%) weniger. Insgesamt erwirtschaftete Verizon im abgelaufenen Quartal EUR 3,17 Mrd. (-7%). Grund für den geringern Gewinn waren einmalige Kosten für die Übernahme von Konkurrent Alltel und höhere Ausgaben für die Altersvorsorge. Die Mobilfunksparte Verizon Wireless ist durch die Übernahme von Alltel zum Branchenprimus in den USA aufgestiegen. Die Konkurrenz von Sprint Nextel, dem drittgrößtem Mobilfunkanbieter, verlor hingegen seit Jahresbeginn rund 300.000 Kunden. Der Umsatz sank in Folge um 10% und das Minus von USD 348 Mio. erhöhte sich im Jahresvergleich um 12%. Die Zukunftshoffnung des Konzerns ruht nun auf dem Exklusivvertriebs des Smartphones Palm Pre.

IBM weiter auf Shoppingtour

Wie am Mittwoch bekannt wurde übernimmt der IT Riese IBM den Analysesoftwarespezialsten SPSS für rund USD 1,2 Mrd. Mit der Übernahme von SPSS verstärkt IBM seine Software und Servicesparte, während man sich aus dem weniger lukrativen Hardwaregeschäft immer mehr zurückzieht. In den vergangen 5 Jahren hat der Konzern mehr als 80 Unternehmen übernommen.

In der nächsten Handelswoche erwarten wir ua. Zahlen von Cisco, P&G, Chevron und Kraft Foods. Das Zwischenresümee der Berichtssaison ist durchaus optimistisch zu interpretieren.  Bislang haben 67 % aller Unternehmen Zahlen gelegt. 73,9 % überraschten positiv, wenngleich der Großteil nur marginal über den Schätzungen lag. Negative Überraschungen kamen von 17,2 %, 9,2 % waren neutral. Erstmals seit April 2007 befinden sich nun auch die Revisionen auf positivem Terrain. Im S&P wurden insgesamt 896x Schätzungen nach oben, hingegen nur 886x nach unten angepasst.