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Anders Fogh Rasmussen, 12. Generalsekretär der NATO, nimmt ab heute seine Arbeit in Brüssel auf.

Foto: AP Photo/Logghe

Brüssel - Der neue NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen lehnt einen Zeitplan für den Abzug der ISAF-Truppen aus Afghanistan ab. "Wir werden die Afghanen so lange wie nötig unterstützen", erklärte der frühere dänische Ministerpräsident am Montag, seinem ersten Arbeitstag als NATO-Generalsekretär. Das Ziel des Einsatzes werde erst erreicht sein, wenn die afghanischen Sicherheitskräfte allein für die Sicherheit in ihrem Land sorgen könnten. Dagegen will Rasmussen den Rückzug der NATO-Truppe KFOR aus dem Kosovo zügig vorantreiben.

"Bis zum Ende meiner Amtszeit will ich die KFOR auf eine reine Abschreckungspräsenz reduziert oder ganz aus dem Kosovo abgezogen sehen", erklärte der 56-Jährige, der zunächst für vier Jahre berufen wurde, auf seiner Antrittspressekonferenz in Brüssel, wo sich das NATO-Hauptquartier befindet. Spekulationen, durch den Abzug der derzeit noch 14.000 KFOR-Soldaten im Kosovo, darunter auch rund 600 Österreicher, sollten zusätzliche Kapazitäten für den Afghanistan-Einsatz gewonnen werden, wies Rasmussen zurück. "Die Reduzierung der KFOR-Präsenz wird durch die Fortschritte an Ort und Stelle möglich", sagte er. Die NATO-Verteidigungsminister hatten Anfang Juni beschlossen, zum Jahreswechsel zunächst 4.000 der 14.000 KFOR-Soldaten abzuziehen.

Hoffen auf Frankreich, Dialog mit Russland

Rasmussen nannte die Entwicklung im Kosovo "ein glänzendes Beispiel dafür, wie die NATO, die EU und die Vereinten Nationen zusammenarbeiten und Fortschritte erzielen können". Auch in Afghanistan müsse nun parallel zur Ausbildung einheimischer Sicherheitskräfte der Wiederaufbau vorangetrieben werden. "Um die Köpfe und Herzen der Afghanen und damit auch den Frieden zu gewinnen, müssen wir die Lebensverhältnisse der afghanischen Bevölkerung verbessern", betonte Rasmussen. Er wolle sich dazu um eine verstärkte Zusammenarbeit mit humanitären Organisationen bemühen.

Der neue Generalsekretär äußerte zudem die Hoffnung, dass sich nach der Rückkehr Frankreichs in die integrierte Kommando-Struktur der NATO deren Kooperation mit der EU verbessern werde. Die französische Regierung hatte die NATO lange Zeit als Hindernis für den Aufbau einer eigenen EU-Verteidigungspolitik betrachtet.

Auch die Zusammenarbeit mit Russland will Rasmussen verbessern. "Die NATO ist nicht der Feind Russlands, die NATO ist nicht gegen Russland gerichtet", sagte er. Zwar gebe es auch ein Jahr nach dem Georgien-Krieg noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen der NATO und Moskau. Aber: "Die Differenzen, die zwischen uns bestehen, sollten die gemeinsamen Sicherheitsinteressen nicht überschatten." So habe auch Russland ein Interesse am Kampf gegen den Terrorismus, "das ist ein Beispiel, wo wir unsere Zusammenarbeit ausbauen könnten".

Dialog mit islamischer Welt

Ein Dialog mit der islamischen Welt im Mittelmeerraum gehört ebenfalls zu den wichtigsten Themen, die die Agenda der NATO in den kommenden Jahren nach dem Willen Rasmussens bestimmen sollen. "Ich möchte, dass die NATO ihr volles Potenzial als Säule der globalen Sicherheit voll ausnützt", sagte er an seinem ersten Arbeitstag.

Rasmussen kündigte ferner eine breite Diskussion über das künftige strategische Konzept der NATO an: "Ich will die Meinungen der Öffentlichkeit dazu hören, was die NATO sein sollte." Dazu wurde ein Diskussionsforum auf der Homepage des Militärbündnisses eingerichtet. Das bereits auf dem NATO-Gipfel im April beschlossene Expertengremium zur Entwicklung der neuen Strategie soll die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright leiten.

Rasmussen ist Nachfolger des Niederländers Jaap de Hoop Scheffer. Der Afghanistan-Einsatz mit rund 65.000 Soldaten ist die größte Herausforderung für den 56-Jährigen. Rasmussen wurde im April beim Jubiläumsgipfel zum 60. Gründungstag der Allianz gegen den Bündnispartner Türkei durchgesetzt. Ankara hatte zunächst wegen der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in dänischen Zeitungen Vorbehalte geäußert. Vor der Pressekonferenz war der frühere dänische Premier von seinem Stellvertreter, dem Italiener Claudio Bisogniero, bei einer kurzen Zeremonie vor den Flaggen der 28 Mitgliedsstaaten beim NATO-Hauptquartier willkommengeheißen worden. Rasmussen ist der 12. Generalsekretär der NATO. (APA/AP/AFP)