Hamburg/Wien - In den zwei Monaten seit der nicht unumstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad am 12. Juni sind im Iran bereits 96 Menschen hingerichtet worden. "Das sind etwa 30 Prozent aller seit Jahresbeginn gezählten Hinrichtungen", erklärte Dieter Karg, stellvertretender Sprecher der Iran-Koordinationsgruppe von Amnesty International, am Donnerstag gegenüber "Spiegel Online". 294 Todesurteile seien im Iran 2009 bereits vollstreckt worden. Damit belegt das Land am persischen Golf weltweit den zweiten Platz hinter China.

Wie am Mittwoch bekannt wurde, waren am 30. Juli in der nordiranischen Stadt Karaj 24 Menschen hingerichtet worden. Wie es von iranischer Seite heißt, waren die Hingerichteten des Drogenschmuggels für schuldig befunden worden. Allerdings gibt es Zweifel an dieser offiziellen Version. "Ein Großteil der während der ersten Hinrichtungen getöteten Häftlinge waren politische Gefangene, denen der Vorwurf des Drogenhandels nur untergeschoben wurde", sagt Javad Dabiran, Pressesprecherin der Exiliranischen Gruppe Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI).

Wie Dabiran glaubt, diene sowohl die Aktion selbst, als auch die Wahl des Zeitpunkts der Bekanntmachung dazu, die Opposition einzuschüchtern, ebenso wie die derzeitigen Schauprozesse gegen Regimegegner. Auch das Gefängnis Gohardasht, in dem die Gefangenen inhaftiert waren, gelte als Anstalt für politische Gefangen.

Amnesty International lagen zu dem konkreten Fall bisher keine genauen Informationen vor. Der Sprecher ihrer Iran-Koordinationsgruppe, Karg, betonte jedoch: "Es sind uns einige Fälle im Iran bekannt, in denen politischen Häftlingen Drogendelikte untergeschoben wurden." Da die Verfahren jedoch zumeist unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfänden, komme die Wahrheit oft nicht ans Tageslicht. Der Iran habe, so Karg weiter, eine erschreckende Praxis der Todesstrafe, und allein die Anzahl der bekanntgewordenen Hinrichtungen sei alarmierend.

Die EU protestierte am Donnerstag erneut gegen Hinrichtungen im Iran. In einer Erklärung der schwedischen Ratspräsidentschaft hieß es, die EU sei "beunruhigt über die anhaltende Anwendung der Todesstrafe in breitem Ausmaß". Der Iran solle die Todesstrafe "vollständig" abschaffen und Hinrichtungen bis zu diesem Schritt aussetzen. (APA)