Caracas - Das traditionell gespannte Verhältnis zwischen Venezuela und Kolumbien ist wieder einmal in eine kritische Phase getreten. Venezuelas Präsident Hugo Chavez droht dem Nachbarland mit Krieg: Er wirft Kolumbien vor, die gemeinsame Grenze verletzt zu haben und rief die Streitkräfte auf, sich auf einen mögliche militärische Konfrontation vorzubereiten.
Kolumbianische Soldaten seien gesehen worden, wie sie den Grenzfluss Orinoco überquert hätten, sagte Chavez am Sonntag in Caracas. Bei Ankunft venezolanischer Truppen seien sie wieder verschwunden gewesen. Das kolumbianische Außenministerium wies diese Darstellung als falsch zurück.
Kritik an US-Truppen in Kolumbien
Scharf kritisierte Chavez auch neuerlich das kürzlich vereinbarte Abkommen Kolumbiens mit den USA, das mit dem Argument des Kampfes gegen den Drogenhandel die Stationierung von bis zu 800 US-Soldaten auf kolumbianischen Militärbasen vorsieht. "Wir können diese Bedrohung nicht ignorieren", sagte Chavez in seiner wöchentlichen Rundfunksendung. Er wirft den USA vor, über die Nutzung kolumbianischer Stützpunkte an die Ölvorkommen im venezolanischen Orinoco-Becken gelangen zu wollen. Um den umstrittenen Militärpakt sollte es am Montag auch bei einem Gipfel der südamerikanischen Staaten (UNASUR) in Ecuador gehen.
Die Spannungen zwischen beiden Staaten haben sich aber auch deswegen verschärft, weil der rechtsgerichtete kolumbianische Präsident Alvaro Uribe seinerseits Venezuela seit langem vorwirft, die linke Guerillaorganisation FARC zu unterstützen. So sollen auch drei in Schweden hergestellte Panzerabwehrsysteme, die im vergangenen Jahr in einem FARC-Stützpunkt gefunden wurden, aus Venezuela stammen. Venezuela reagierte auf die Vorwürfe, indem es zeitweise seinen Botschafter aus Bogota zurückrief.
Die diplomatischen Beziehungen blieben weiter eingefroren, sagte Chavez am Sonntag. Außerdem gab er bekannt, dass die Lieferung von subventioniertem Öl nach Kolumbien eingestellt werde. Die Regierung in Botgota müsse künftig die allgemeinen Marktpreise für Rohöl zahlen.
UNASUR-Gipfel in Quito
Der Streit überschattet den heute in Quito beginnenden Gipfel der Südamerikanischen Staaten (UNASUR). Mehr als ein Dutzend Staats- und Regierungschefs aus ganz Lateinamerika werden zu dem Treffen sowie zum Amtsantritt von Ecuadors Präsident Rafael Correa erwartet. Auch Kubas Präsident Raul Castro hat sein Kommen angekündigt.
Entgegen den herausfordernden Worten von Venezuelas Staatschef zeichnete sich in der Kolumbien-Frage in den vergangenen Tagen eine leichte Entspannung ab. Chavez ordnete in der Nacht zum Samstag die Rückkehr des vor knapp zwei Wochen abgezogenen Botschafters nach Kolumbien an. Auch Brasilien, das größte Land Lateinamerikas, lockerte seine Skepsis gegen das US-kolumbianische Militärabkommen, mahnte aber verbindliche Garantien an, dass die US-Truppen nur auf kolumbianischem Territorium operieren.
Uribe nicht nach Quito
Boliviens linksgerichteter Präsident Evo Morales will dem Vernehmen nach bei dem Gipfel aber eine Resolution durchsetzen, die das Abkommen ablehnt. Kolumbiens konservativer Präsident Alvaro Uribe wird nicht nach Quito kommen. Er begründete dies unter anderem damit, dass seit 2008 keine diplomatischen Beziehungen mehr zwischen den Nachbarländern bestünden. Ecuador hatte die Beziehungen nach einem Militärangriff Kolumbiens auf ein Camp der marxistischen FARC-Rebellen in Ecuador im März 2008 abgebrochen.
Die zwölf UNASUR-Länder wollen bei ihrem Treffen weitere Gremien gründen. Bereits 2008 wurden der Sicherheits- sowie der Gesundheitsrat ins Leben gerufen, denen die jeweiligen Fachminister der zwölf Mitglieder angehören. Der Gesundheitsrat mahnte bei seiner Sitzung am Samstag einen verbesserten Zugang der Entwicklungsländer zu Impfstoffen gegen die Schweinegrippe an, die derzeit aufgrund des Winters in vielen Ländern Südamerikas grassiert.
Am Montag sollen vier weitere Räte gegründet werden, die sich mit dem Kampf gegen die Rauschgiftkriminalität, der Verbesserung der Infrastruktur, der sozialen und kulturellen Entwicklung sowie der Bildung beschäftigen. Ecuador übernimmt von Chile für die kommenden zwölf Monate die UNASUR-Ratspräsidentschaft. Zudem tritt Ecuadors Präsident Correa am Montag seine zweite Amtszeit an. Er hatte im April die Wahl mit rund 51 Prozent der Stimmen gewonnen. (red/APA)