"Bezahlte Wahrheiten" betitelt Katja Horninger ihre Dissertation am Wiener Publizistikinstitut über Schleichwerbung in österreichischen Tageszeitungen. Ihr Schluss aus den 409 Seiten: "Die Vermischung von entgeltlichen und redaktionellen Inhalten ist in österreichischen Tageszeitungen ein allgegenwärtiges Phänomen. Dabei sind die Tageszeitungen sowohl bei der Gestaltung entgeltlicher Veröffentlichungen als auch in Bezug auf deren Kennzeichnung sehr kreativ."

Paragraph 26 des Mediengesetzes fordert, entgeltliche Einschaltungen deutlich zu kennzeichnen, um Irreführung des Lesers zu vermeiden. Horninger sieht in "nahezu jeder österreichischen Tageszeitung für den Leser irreführende Veröffentlichungen" Schriftgröße, Schriftart und Schriftfarbe ähnelten oder glichen "großteils redaktionellen Beiträgen". Bezahlten Beiträgen werde "gezielt ein redaktioneller Mantel umgehängt", schreibt Horninger über ihre Erkenntnisse. Bei der Mehrzahl der beobachteten Beiträge werde die Kennzeichnung zudem "erst nach dem Lesebeginn sichtbar".

Die meisten nach ihrem Befund irreführenden Veröffentlichungen entdeckte Horninger in Beiträgen über öffentliche Institutionen, Kultur, Immobilien sowie Banken/Sparkassen/Versicherungen. Sie sieht in Qualitätszeitungen "den durchschnittlich größten Anteil an irreführenden Veröffentlichungen".

Kennzeichnung als "Promotion" und "PR" widerspreche Mediengesetz

Ein Gutteil der Kennzeichnungen widerspreche weiters dem Mediengesetz, befundet Horninger: "Promotion", "PR" oder "Public Relations" würden häufig verwendet, entsprächen aber "nicht den von Paragraph 26 Mediengesetz vorgeschriebenen Begriffen. Früher waren die Begriffe PR und Public Relations zur Kennzeichnung entgeltlicher Einschaltungen zulässig." Seit einer Novelle aber eben nicht mehr. Horninger sieht in der Novelle einen "wichtigen Schritt zur Professionalisierung der PR-Branche".

"Die Vermischung von entgeltlichen und redaktionellen Inhalten gefährdet die Unabhängigkeit der Medien und damit ihre Glaubwürdigkeit", warnt Horninger: Das könnten weder die Tageszeitungen noch die werbetreibende Wirtschaft wollen: Medien mögen sich "bewusst machen, dass journalistische Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit wesentliche Qualitätsmerkmale sind, die auch in der Argumentation gegenüber Inserenten von Bedeutung sind". Sie sollten "Forderungen von Inserenten nach allzu kreativen Werbeformen selbstbewusster begegnen".

Betreuer der Dissertation ist der langjährige Publizistik-Ordinarius Wolfgang R. Langenbucher, Vorsitzender des PR-Ethikrates. (fid)